Lieber Jens,
"könnte Kontakt zu einer Fledermaus gehabt haben. Ich hab etwas an meinem Arm gespürt, aber weggeschlagen."recht viele Fragesteller haben Angst vor einer Tollwutinfektion durch Fledermausbisse, ohne dass sie überhaupt eindeutig ein Tier identifiziert haben (siehe z.B.
Tollwutphobie
). Eine zubeissende Feldermaus würde man aber sehen, die Tiere sind zwar flink in der Luft, aber nicht unsichtbar. Flüchtige Berührungen auf der Haut werden in der Regel durch geflügelte Insekten verursacht.
"Hab aber am nächsten Tag zwei rote Stellen, die für mich aber eher wie Mückenstiche aussahen."mit Insektenstichen dürften Sie richtig liegen, für einen Biss müsste die Fledermaus auf der Haut sitzen bzw. sich dort festkrallen, das hätten Sie gesehen und normalerweise schmerzhaft wahrgenommen. Meist punktieren die kleinen scharfen Zähne die Haut, d.h. es zeigt sich beim genauen Hinsehen ein kleines Loch.

Fledermausbiss: zwei punktförmige Hautverletzungen am Finger.
Bild: CDC
Im Allgemeinen können Patienten sich eindeutig an einen Fledermausbiss erinnern, Vorsicht ist dagegen geboten, wenn kleine Kinder oder Personen mit eingeschränktem Urteilsvermögen in Risikosituationen waren.
"Dort bekam ich eine passiv Impfung gegen Tollwut."Ohne das Sie in wachem Zustand eine Fledermaus gesehen oder einen Biss gespürt hätten? Ein schönes Beispiel dafür, dass Patienten mit genug Hartnäckigkeit ihre Ärzte zu Massnahmen bewegen können, die eigentlich nicht den Leitlinien entsprechen.
"03.06 1. Tollwutimpfung 10.06 2. Tollwutimpfung 17.06 Kontakt zum Tier 20.06 passive Impfung 24.06 3 Tollwutimpfung... reicht das aus oder muss ich Noch Impfungen bekommen?"es ist sehr seltsam, dass man Ihnen in der Klinik keine Auskunft gibt, wenn die Ärzte beurteilen konnten, ob eine Postexpositionsprophylaxe (PEP) angemessen war, sollte doch die simple Erfüllung eines Impfplans kein Problem sein.
Wenn wir als Gedankenspiel davon ausgehen, das der Tierkontakt in einer hohen Risikokategorie (Biss) gesichert wäre und man impfen müsste, würde Sie als nicht vollständig geimpfte Person zählen (nach nur zwei Tollwutimpfungen vor Tierkontakt war der Schutz noch nicht perfekt). Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sieht für Personen, die bis zu einem Risikokontakt weniger als 3 Impfungen hatten, folgenden Impfplan vor: Je eine Dosis an Tag 0, 3, 7, 14, 28 (5-Dosen Schema).
Wenn Ihre Ärzte das 5 Dosen-Schema nicht anwenden, ist es gut möglich, dass man doch keinen Bedarf für eine echte PEP sieht und die passive Impfung evt. der Beruhigung Ihrer Nerven diente, und die 3. Tollwutimpfung vom 24.06. einfach die Grundimmunisierung abschliessen sollte (normalerweise umfasst die Grundimmunisierung drei Impfstoffgaben an den Tagen 0, 7 und 21 oder 28, wäre nun also beendet, siehe
Tollwutimpfung
).
Diskutieren Sie mit den Ärzte die Fragestellung, ob die Grundimmunisierung nun ausreicht. Schildern Sie die mutmassliche "Risiko"-Situation ohne Dramatisierung, evt. sieht man dann keinen Bedarf für eine Fortsetzung des Notfallschemas.
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