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Kinderheilkunde

Atypische Mykobakterien im Lymphknoten Kleinkind

von Hartmann , 16.05.15 22:46
Hallo,
unser Sohn, knapp zwei Jahre, hatte vor etwa 5 Wochen eine schwere Bronchitis. Im Anschluss, vor drei Wochen, hatte er auf einmal einen einseitig geschwollenen Halslymphknoten links. Wir bekamen vom Kinderarzt ein Antibiotikum, Cefaclor, das nicht anschlug, dann noch ein Antibiotikum. Bei den regelmäßigen Ultraschallkontrollen durch diesen Kinderarzt ergab sich nach zehn Tagen eine beginnende Einschmelzung. Wir wurden sofort in die Klinik überwiesen und die Wunde wurde nach erneuter Ultraschallbegutachtung drainiert. Der Abstrich ergab nun Anfang der Woche atypische Mykobakterien. Uns wurde zur operativen Entfernung des Lymphknotens geraten, welche nun Mitte übernächster Woche erfolgen soll. Uns wurde gesagt, dass es wahrscheinlich ist, dass nicht alle Bakterien entfernt werden können, und dass unser Sohn im Anschluss 6 Monate lang Antibiotika bekommen wird. Bis zur OP wird die Wunde nun täglich ambulant gespült, damit sie sich nicht erneut entzündet.

Nun fragen wir uns: Ist diese Diagnose absolut sicher? Es wurden außer Ultraschall und Abstrich keinerlei diagnostische Maßnahmen ergriffen, auch kein Blutbild. Ich habe gelesen, dass man drei Abstriche machen muss, um Verunreinigungen des Abstrichs auszuschließen. Uns kommt das alles so hoppladihopp vor - der Lymphknoten ist ja seit noch nicht einmal drei Wochen geschwollen(Am Montag sind es drei Wochen)

Über eine Antwort freuen wir uns sehr
Familie H

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Re: Atypische Mykobakterien im Lymphknoten Kleinkind

von Cyberdoktor , 17.05.15 23:44
Hallo,

"Sohn, knapp zwei Jahre, hatte schwere Bronchitis. Im Anschluss auf einmal einen einseitig geschwollenen Halslymphknoten links. Wir bekamen vom Kinderarzt ein Antibiotikum, Cefaclor, das nicht anschlug, dann noch ein Antibiotikum. "
der Behandlungsversuch war angemessen, nach einer schweren Infektion können weitere Erreger ausnutzen, dass der Körper noch geschwächt ist.

"Bei den regelmäßigen Ultraschallkontrollen durch diesen Kinderarzt ergab sich nach zehn Tagen eine beginnende Einschmelzung. Wir wurden sofort in die Klinik überwiesen und die Wunde wurde nach erneuter Ultraschallbegutachtung drainiert."
die Lymphknoten sind eine wichtige Abwehrfront gegen Krankheitserreger, in seltenen Fällen verläuft ist der Abwehrkampf so heftig, dass lymphatisches Gewebe untergeht, dann kommt es zu einer Einschmelzung und es kann bei oberflächlichen Knoten eine offene Wunde entstehen.

"Der Abstrich ergab... atypische Mykobakterien. zur operativen Entfernung des Lymphknotens geraten... dass unser Sohn im Anschluss 6 Monate lang Antibiotika bekommen wird."
diese Bakterien sind hartnäckig, je nach Einzelfall lassen sich eine Antibiotikagabe oder OP dann nicht vermeiden, siehe auch unser Themenblock geschwollene Lymphknoten am Hals Mykobakterien .

"Bis zur OP wird die Wunde nun täglich ambulant gespült, damit sie sich nicht erneut entzündet."
sinnvoll.

"fragen wir uns: Ist diese Diagnose absolut sicher? Es wurden außer Ultraschall und Abstrich keinerlei diagnostische Maßnahmen ergriffen"
der Verlauf ist typisch (einzelner Lymphknoten, Auftreten beim gesunden Kind, Einschmelzung), da im Falle Ihres Sohne auch eine Fistel zur Hautoberfläche entstanden ist, liefert der Abstrich recht verlässliche Hinweise auf das Geschehen im Lymphknotenbereich.

"kein Blutbild."
überflüssig, die Erreger wurde ja auf der Ebene des lymphatischen Systems gestoppt, wenn es dem Sohnemann gut geht, sind gewiss keine Bakterien im Blut und die Ärzte würden nur allgemeine Anzeichen einer Infektion finden.

"gelesen, dass man drei Abstriche machen muss, um Verunreinigungen des Abstrichs auszuschließen."
es ist bereits zur Einschmelzung und offenen Wunde gekommen, dann muss man sich eher nicht mit wiederholten Abstrichen aufhalten, eine operative Sanierung des Einschmelzungsbereichs ist in der Regel angemessen.

"Lymphknoten ist ja seit noch nicht einmal drei Wochen geschwollen"
es zeigte sich aber ein akuter und heftiger Verlauf, dann besteht Handlungsbedarf. Wir erklären in unseren Antworten bei einfachen Lymphknotenschwellungen stets, dass die vergrösserten Lymphknoten im Allgemeinen ein Zeichen einer normalen Abwehrreaktion sind und das man einfach unter ärztlicher Kontrolle abwarten kann, siehe die umfangreichen Themenblöcke geschwollene Lymphknoten Kinder (häufige Fragen) . Ihre Schilderung passt aber leider eher zu einer der seltenen Ausnahmen, wo das Immunsystem dann doch mal die Unterstützung der Ärzte benötigt.

Berichten Sie hier bitte über den weiteren Verlauf, Sie helfen damit auch anderen Eltern (oft melden sich die Fragesteller bei einer Besserung leider nicht mehr).

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Re: Atypische Mykobakterien im Lymphknoten Kleinkind

von Hartmann , 18.05.15 00:03
Dann Danke erstmal. Op ist am 27. Werden wieder berichten.

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Atypische Mykobakterien Langzeitantibiotika

von Hartmann , 21.05.15 22:49
Sehr geehrte Damen und Herren, nun hat es Komplikationen gegeben und wir sind erneut ratlos und verzweifelt. In der vergangenen Woche haben wir die Wunde ambulant in der Klinik gespült. Seit Montag waren wir beim Kinderarzt, gestern ist er sehr tief in die Wunde rein gegangen und im Nachhinein hat es stark geblutet. Dann ist der Hals meines Sohnes unglaublich angeschwollen, er hat hohes Fieber bekommen und wir sind in die Klinik gefahren. Dort bekam er ein Antibiotikum. Nach einem Ultraschall heute früh wurde nun beschlossen, die OP auf unbestimmte Zeit zu verschieben und stattdessen ab morgen die spezielle dreifach-Antibiotika-Gabe für ein () Jahr zu starten. Wir müssen in der Klinik bleiben, bis die Verträglichkeit geklärt ist. Es heißt, eine Entfernung des Lymphknoten mache keinen Sinn mehr, weil die Bakterien durch die Manipulation schon gewandert wären. Ist diese Strategie für sie nachvollziehbar? MfG, Familie H

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Re: Atypische Mykobakterien Langzeitantibiotika

von Cyberdoktor , 22.05.15 16:21
Hallo,

"Kinderarzt...sehr tief in die Wunde rein gegangen... stark geblutet...Hals...unglaublich angeschwollen...hohes Fieber"
was sagen denn die Klinikärzte zu dem Vorgehen des Kinderarztes?

"in die Klinik... bekam er ein Antibiotikum."
angesichts der Infektionsanzeichen angemessen.

"Nach Ultraschall... beschlossen, OP auf unbestimmte Zeit zu verschieben stattdessen spezielle dreifach-Antibiotika-Gabe für ein Jahr...Entfernung des Lymphknoten mache keinen Sinn mehr, weil die Bakterien durch die Manipulation schon gewandert wären."
wenn die Ärzte aufgrund der Befunde vermuten, dass das von Bakterien besiedelte Gebiet sehr ausgedehnt ist, kann in der Tat nicht operiert werden, die Ärzte können ja nicht beliebig Gewebe entfernen.

Mit geeigneten Antibiotika sollte sich die Infektion normalerweise aber auch ohne OP in den Griff bekommen lassen.

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Re: Atypische Mykobakterien Langzeitantibiotika

von Hartmann , 24.06.15 10:15
Hallo noch einmal,

wollte kurz berichten, wie es bei uns weitergegangen ist.

Die Superinfektion unseres Sohnes wurde in der Klinik mit einem Antibiotikum erfolgreich behandelt. Danach wollten die Ärzte dort statt einer operativen Entfernung des Lymphknotens mit einer dreifach-Antibiotika-Kur für ein () Jahr starten, um den atypischen Mykobakterien Herr zu werden.

Wir haben die Nebenwirkungen dieser dreifach-Antibiose recherchiert (Störung des Sprachzentrums u.v.m.), das kommt einer Chemo-Therapie gleich, und haben beschlossen, dass das nicht infrage kommt. Denn die Infektion mit den Mykobakterien ist ja eine gutartige Erkrankung

Stattdessen sind wir an die Uniklinik Freiburg gefahren, in die Ambulanz für seltende Infektionserkrankungen, dort forscht man zu den Ursachen der Infektion mit atypischen Mykobakterien und dort werden 150 Kinder im süddeutschen Raum mit dieser Infektion betreut. www.uniklinik-freiburg.de⁄paed-allgemein⁄schwerpunkte⁄sektion-paediatrische-infektiologie-und-rheumatologie.html. Wir nehmen nun auch an einer Studien teil, denn die Ärztinnen und Ärzte dort wollen herausfinden, warum sich manche Kinder mit den aM infizieren und andere nicht.

Jedenfalls wurde uns dort gesagt, dass der Nutzen sowohl von operativer Entfernung des Lymphknotens als auch von dreifach-Antibiose nicht erwiesen sei bei der OP könne man in der Regel nicht alle Bakterien entfernen (zu riskant, man könnte Gesichtsnerven verletzen), weswegen die Anschlussbehandlung mit mindestens drei verschiedenen Antibiotika über lange Zeit Standard sei. Dabei sei nicht erwiesen, dass dadurch die Mykobakterien tatsächlich weggehen (sind ja antibiotika-resistent). Stattdessen ist es so, dass sie Mykobakterien sowieso einfach irgendwann verschwinden im Schnitt nach zwei Jahren oder wenn die Kinder etwa 6 Jahre alt sind. Bis dahin kann man genauso gut mit dem infizierten Lymphknoten leben - wenn er stark eitert, kann man überlegen, den Eiter mittels Drainagen in der Klinik abfließen zu lassen man kann aber auch gar nichts tun, dann platzt die entzündete Stelle irgendwann auf (Haut wird durchlässig und Eiter suppt dann durch), suppt einige zeit vor sich hin und vernarbt irgendwann. Auf jeden Fall ist tägliches Spülen der Wunde, wie es bei uns gemacht wurde, fatal, weil man die Bakterien am besten einfach in Ruhe lassen soll, damit sie nicht durcheinander gewirbelt werden. ALSO: so wenig wie möglich tun, irgendwann geht´s weg Nur wenn auch andere Lymphknoten befallen werden, muss man über eine andere Vorgehensweise nachdenken.

Fazit: Unserem Sohn geht es bestens, er geht wieder in die Krippe und den dicken Poller am Hals bemerkt er eigentlich gar nicht.

Viele Grüße, Familie Hartmann

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Re: Atypische Mykobakterien Langzeitantibiotika

von Cyberdoktor , 24.06.15 12:52
Hallo,

danke für die nette Rückmeldung.

"Denn die Infektion mit den Mykobakterien ist ja eine gutartige Erkrankung"
korrekt, das ist in der Regel keine bedrohliche Infektion.

"Nutzen sowohl von operativer Entfernung des Lymphknotens als auch von dreifach-Antibiose nicht erwiesen"
es gibt Antibiotika, die gegen Mykobakterien wirksam sind, die Erreger sind allerdings in der Umwelt weit verbreitet (z.B. Boden, Staub), der Nutzen einer langen Antibiotikagabe sollte in der Tat in weiteren Studien untersucht werden.

"bei der OP könne man in der Regel nicht alle Bakterien entfernen (zu riskant, man könnte Gesichtsnerven verletzen)"
richtig, wir hatten oben ebenfalls schon gesagt, dass man nicht beliebig Gewebe entfernen kann...

"Auf jeden Fall ist tägliches Spülen der Wunde, wie es bei uns gemacht wurde, fatal"
kommt auf den Einzelfall an, je nach Befund ist eine Spülung von Wunden ein üblicher Teil der allgemeinen Wundversorgung. Darf man aber nicht übertreiben, der Körper muss auch die Gelegenheit bekommen, die Wundeheilungsmechanismen ablaufen zu lassen.

"Unserem Sohn geht es bestens, er geht wieder in die Krippe und den dicken Poller am Hals bemerkt er eigentlich gar nicht."
prima, bitte berichten Sie hier weiter.

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