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Kinderheilkunde

Aspirin und Salicylate: Gefahren für Kinder

von Unbekannt , 30.03.07 20:31
Hallo liebes Cyberdoctor-team, ich habe eine etwas ungewöhnliche Frage. Meine Kinder haben einen fieberhaften Infekt und ich wollte Zäpfchen zur Fiebersenkung umgehen und habe einen Erkältungstee gekauft. Leider habe ich erst nach der Anwendung den Beipackzettel gelesen. Dieser Tee enthält Weidenrinde, einen natürlichen Vertreter der Salicylate. Im Beipackzettel stand nun, daß dieser Tee für Kinder nicht geeignet ist, da er wie bei den Acetylsalicylsäure unter Umständen das Reye-Syndrom auslösen kann. Ist denn soetwas nach der Anwendung von Tee schonmal bekannt geworden. Ich mache mir jetzt natürlich große Vorwürfe. Ich danke Ihnen für eine Antwort. Viele Grüße
Anett

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Re: Salicylate im Erkältungstee, Aspirin: Gefahren für Kinder

von Cyberdoktor , 31.03.07 20:50
Liebe Anett,

"habe einen Erkältungstee gekauft. Leider habe ich erst nach der Anwendung den Beipackzettel gelesen. Dieser Tee enthält Weidenrinde, einen natürlichen Vertreter der Salicylate. Im Beipackzettel stand nun, daß dieser Tee für Kinder nicht geeignet ist, da er wie bei den Acetylsalicylsäure unter Umständen das Reye-Syndrom auslösen kann."
Ganz wichtige Regel: allgemein keine Acetylsalicylsäure (ASS, z.B. in Aspirin) oder verwandte Stoffe (Salicylate) für Kinder und Jugendliche. Ausnahmen bei anderen Erkrankungen sind nur unter ärztlicher Aufsicht in speziellen Fällen möglich, bei fiebrigen Erkrankungen wird es dieser Altersgruppe aber nie gegeben.

Für Acetylsalicylsäure ist bei gleichzeitigem Vorliegen einer viralen Infektion als sehr seltene Nebenwirkung ein Reye-Syndrom beschrieben (Stunden oder wenige Tage nach Einnahme). Dabei kann es zu Schäden des Gehirns und der Leber kommen. Die genauen Zusammenhänge des Auftretens eines Reye-Syndroms bei Acetylsalicylsäureeinnahme konnte bisher nicht genau geklärt werden. Eine genetische Veranlagung der Betroffenen wird vermutet.


Acetylsalicylsäure
ASS (Acetylsalicylsäure, 3D-Struktur): nicht für Kinder und Jugendliche!
Bild: Borislav Mitev, Wikipedia,GNU Freie Dokumentationslizenz


Die Erkrankung ist sehr selten, in den USA kommt es pro Jahr nur zu ca. 40 Fällen ("Reye's syndrome in the United States from 1981 through 1997." N Engl J Med. 1999 May 6;340(18):1377-82.)

"Ist denn soetwas nach der Anwendung von Tee schonmal bekannt geworden."
nein. Eine Tasse Tee dürfte auch nur eine sehr geringe Salizylatdosis enthalten.
Fast alle Reyesyndromfälle wurden nach Acetylsalicylsäureeinnahme (meist Aspirin) beobachtet, es gibt nur eine verschwindend geringe Anzahl von Fällen bei denen die Erkrankten keine Acetylsalicylsäure eingenommen haben ("Public Health Service study of Reye's syndrome and medications. Report of the main study.",JAMA. 1987 Apr 10;257(14):1905-11.).

Für Panik nach einer einmaligen Teegabe gibt es keinen Grund, es wird eine Abhängigkeit von der Salicylatdosis vermutet ("Reye's syndrome and aspirin. Evidence for a dose-response effect.", JAMA. 1988 Aug 5;260(5):657-61).

Der Gesamtsalicylatgehalt von Weidenrinde liegt häufig bei nur 1%.

Ein Teebeutel enthält je nach Teeart einen Weidenrindeanteil von 10-80% der Gesamtteebeutelfüllung von 2000-3000mg, also z.B. 2400mg.

Ein Gesamtsalicylatgehalt von 1% wären bei 2400mg Weidenrinde 24mg pro Teebeutel. Es dürfte aber nur einen Teil der 24mg Salicylat aus der Weidenrindesubstanz in das Wasser freigesetzt (extrahiert) werden (laut Deutschem Tee-Institut ist bei Tee allgemein die Extraktionsausbeute, d.h. die Menge an Feststoff, die aus einem Blatt in Lösung geht ca. 30 %). Eine einzige handelsübliche ASS-Tablette enthält aber bereits 100mg ASS.

Um ganz sicher zu gehen, sind aber auch geringe Salicylatmengen zu meiden.

Bei ernsten Krankheitsanzeichen (z.B. Zustandsverschlechterung wie heftiges Erbrechen) sollte umgehend der Arzt kontaktiert werden, dann ist die Behandlungsmöglichkeit eines Reyesyndroms gut.

Beste Grüsse und Alles Gute, halten Sie uns auf dem Laufenden

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Aspirin und Salicylate: Gefahren für Kinder

von Unbekannt , 01.04.07 03:13
Vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort. Ich mache mir natürlich immer noch große Vorwürfe und wüßte nun noch gern, wie lange es dauert, bis eventuell irgendwelche Symptome auftreten (was ich natürlich nicht hoffe). Wird das gerechnet vom Tag der Einnahme oder vom Tag der Genesung (irgendwie sind da die Aussagen immer etwas widersprüchlich) und weiß man denn, ob es eine häufige Nebenwirkung von "Aspirin" ist oder eine eher seltene. Meine Kinder haben diesen Tag am Mittwoch zu sich genommen. Muß ich auf irgentetwas achten? Vielen Dank.

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Re: Aspirin und Salicylate: Gefahren für Kinder

von Cyberdoktor , 02.04.07 00:57
Hallo,

"Ich mache mir natürlich immer noch große Vorwürfe"
dafür gibt es keinen Grund, Sie können davon ausgehen, dass dieser Fehler vielen Eltern passiert, der Laie sieht einen Tee ja eher nicht als Arznei an.

"und wüßte nun noch gern, wie lange es dauert, bis eventuell irgendwelche Symptome auftreten"
siehe oben, akut, d.h. Stunden oder wenige Tage nach Einnahme.

"und weiß man denn, ob es eine häufige Nebenwirkung von "Aspirin" ist oder eine eher seltene."
siehe oben, sehr selten, in den USA kommt es pro Jahr insgesamt nur zu ca. 40 Fällen, bei einer millionenfachen Einnahme von ASS.

"Meine Kinder haben diesen Tag am Mittwoch zu sich genommen. Muß ich auf irgentetwas achten?"
auf Anzeichen einer dramatischen Erkrankung (heftiges Erbrechen, Benommenheit etc.), wir halten bei einer einmaligen Teegabe eine Erkrankung aber kaum für möglich.

Beste Grüsse

Ihr Cyberdoktor-Team

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aspirin bei kindern

von olchi07 , 16.09.08 16:44
Meine 13-jährige Tochter ist zur Zeit im Landschulheim und hat eine fiebrige Erkältung.Sie bekam von ihrer Lehrerin eine Aspirin. Jetzt mach ich mit natürlich Sorgen wegen des Reye-Syndroms.Kann mir jemand relativ schnell eine´Antwort geben. Vielen Dank.

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Re: aspirin bei kindern

von Cyberdoktor , 16.09.08 18:57
Hallo,

"Meine 13-jährige Tochter ist zur Zeit im Landschulheim und hat eine fiebrige Erkältung.Sie bekam von ihrer Lehrerin eine Aspirin."
man soll Kindern und Jugendlichen definitiv kein Aspirin geben, siehe oben. Lehrer sollten ausser in Notfällen ohnehin vor Behandlungsversuchen mit den Eltern Rücksprache halten.

" Jetzt mach ich mit natürlich Sorgen wegen des Reye-Syndroms."
bei einer einzelnen Tablette halten wir das für unwahrscheinlich. Es kommt auch sehr auf die Behandlungsdauer und Dosis an. Die Lehrerin wird ja vermutlich nicht die Maximaldosis gegeben haben. Sie sollten der Dame aber dennoch einmal ins Gewissen reden. Berichten Sie uns bitte, falls es wider Erwarten doch Komplikationen gibt.

Nach Absprache mit dem Kinderarzt bzw. den Eltern ist für Kinder eher Paracetamol als Wirkstoff bei fiebrigen Erkältungen z.B. zur Schmerzreduktion oder Fiebersenkung zu empfehlen.

Beste Grüsse und Alles Gute, halten Sie uns auf dem Laufenden

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ass und kleinkind

von Unbekannt , 30.10.09 00:00
Hallo... ich habe zwar hier gelesen, das Kinder kein Aspirin und Ass dürfen, aber meine frage ist dazu etwas anders. Ich war vor ein paar tagen krank und habe ass als brausetablette genommen... nun ist mein 14 monate alter Sohn kurz nach der einnahme zu mir gekommen und hat mich geküsst... nun meine frage sollte er so damit in kontakt gekommen sein, ist das dann schon gefährlich? Habe deshalb ein ganz schlechtes gewissen. Ich danke ihnen für eine antwort.

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Re: ass und kleinkind

von Cyberdoktor , 30.10.09 02:13
Hallo,

"... ich habe zwar hier gelesen, das Kinder kein Aspirin und Ass dürfen"
stimmt im Allgemeinen, bei bestimmten Krankheiten ist eine Anwendung unter ärztlicher Ausficht aber möglich.

", aber meine frage ist dazu etwas anders. Ich war vor ein paar tagen krank und habe ass als brausetablette genommen... nun ist mein 14 monate alter Sohn kurz nach der einnahme zu mir gekommen und hat mich geküsst..."
es besteht in dieser Situation überhaupt keine Gefahr, die Nebenwirkung Reye-Syndrom ist nur zu befürchten, wenn ein Kind Acetylsalicylsäure in therapeutischen Dosen einnimmt (und selbst dann nur ganz selten und in bestimmten Situationen).

Beste Grüsse

Ihr Cyberdoktor-Team

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salicylate in creme, kleinkind

von Unbekannt , 05.04.10 12:37

Hallo... Ich habe einen Bericht gelesen, in dem steht das Kinder kein Aspirin dürfen... das war mir bekannt... weiter stand dort, dass salicylate ein anderer Begriff für Aspirin sei... ich benutze für meinen Sohn schon von Geburt an die Gesichtscreme von weleda... bei den inhaltsstoffen ist aber auch salicylate angegeben... nun bin ich etwas verunsichert... aber wenn dies schädlich wäre, dürfte dies doch nicht in der babypflege eingesetzt werden, oder?

Ich würde mich wirklich über eine schnelle Antwort freuen, um eventuell die Creme nicht mehr zu benutzen... Liebe grüsse

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Re: salicylate in creme, kleinkind

von Cyberdoktor , 05.04.10 14:51
Hallo,

"Ich habe einen Bericht gelesen, in dem steht das Kinder kein Aspirin dürfen..."
bzw. nur in Ausnahmen und unter ärztlicher Kontrolle, siehe unsere ausführlichen Beiträge oben in diesem Themenblock.

" das war mir bekannt... weiter stand dort, dass salicylate ein anderer Begriff für Aspirin sei..."
Aspirin enthält Acetylsalicylsäure, Salicylate sind die Salze der Salicylsäure.

" ich benutze für meinen Sohn schon von Geburt an die Gesichtscreme von weleda... bei den inhaltsstoffen ist aber auch salicylate angegeben..."
wie in vielen Hautpflege- und Kosmetikprodukten, die Konzentration ist aber so gering, das bei einer normalen Anwendung (z.B. eincremen des Gesichts) keine nennenswerten Wirkstoffmengen über die Haut in das Blut gelangen können. Nur bei Cremes, die so viel Salicylate enthalten, dass sie als Arzneimittel eingesetzt werden, kommt es zu einer Wirkstoffaufnahme und es gibt entsprechende Nebenwirkungsrisiken ("Lebensbedrohliche Salicylatintoxikation durch perkutane Resorption bei einer schweren Ichthyosis vulgaris", Germann et al., Der Hautarzt, Volume 47, Number 8 / August 1996).

" um eventuell die Creme nicht mehr zu benutzen..."
eine Gefährdung ist nicht zu erwarten, generell muss die gesunde Baby- oder Kleinkindhaut aber nicht ständig eingecremt werden, fragen Sie den Kinderarzt.

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Beste Grüsse

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