Liebe Anett,
"habe einen Erkältungstee gekauft. Leider habe ich erst nach der Anwendung den Beipackzettel gelesen. Dieser Tee enthält Weidenrinde, einen natürlichen Vertreter der Salicylate. Im Beipackzettel stand nun, daß dieser Tee für Kinder nicht geeignet ist, da er wie bei den Acetylsalicylsäure unter Umständen das Reye-Syndrom auslösen kann."
Ganz wichtige Regel: allgemein keine Acetylsalicylsäure (ASS, z.B. in Aspirin) oder verwandte Stoffe (Salicylate) für Kinder und Jugendliche. Ausnahmen bei anderen Erkrankungen sind nur unter ärztlicher Aufsicht in speziellen Fällen möglich, bei fiebrigen Erkrankungen wird es dieser Altersgruppe aber nie gegeben.
Für Acetylsalicylsäure ist bei gleichzeitigem Vorliegen einer viralen Infektion als sehr seltene Nebenwirkung ein Reye-Syndrom beschrieben (Stunden oder wenige Tage nach Einnahme). Dabei kann es zu Schäden des Gehirns und der Leber kommen. Die genauen Zusammenhänge des Auftretens eines Reye-Syndroms bei Acetylsalicylsäureeinnahme konnte bisher nicht genau geklärt werden. Eine genetische Veranlagung der Betroffenen wird vermutet.
Die Erkrankung ist sehr selten, in den USA kommt es pro Jahr nur zu ca. 40 Fällen ("Reye's syndrome in the United States from 1981 through 1997." N Engl J Med. 1999 May 6;340(18):1377-82.)
"Ist denn soetwas nach der Anwendung von Tee schonmal bekannt geworden."
nein. Eine Tasse Tee dürfte auch nur eine sehr geringe Salizylatdosis enthalten.
Fast alle Reyesyndromfälle wurden nach Acetylsalicylsäureeinnahme (meist Aspirin) beobachtet, es gibt nur eine verschwindend geringe Anzahl von Fällen bei denen die Erkrankten keine Acetylsalicylsäure eingenommen haben ("Public Health Service study of Reye's syndrome and medications. Report of the main study.",JAMA. 1987 Apr 10;257(14):1905-11.).
Für Panik nach einer einmaligen Teegabe gibt es keinen Grund, es wird eine Abhängigkeit von der Salicylatdosis vermutet ("Reye's syndrome and aspirin. Evidence for a dose-response effect.", JAMA. 1988 Aug 5;260(5):657-61).
Der Gesamtsalicylatgehalt von Weidenrinde liegt häufig bei nur 1%.
Ein Teebeutel enthält je nach Teeart einen Weidenrindeanteil von 10-80% der Gesamtteebeutelfüllung von 2000-3000mg, also z.B. 2400mg.
Ein Gesamtsalicylatgehalt von 1% wären bei 2400mg Weidenrinde 24mg pro Teebeutel. Es dürfte aber nur einen Teil der 24mg Salicylat aus der Weidenrindesubstanz in das Wasser freigesetzt (extrahiert) werden (laut Deutschem Tee-Institut ist bei Tee allgemein die Extraktionsausbeute, d.h. die Menge an Feststoff, die aus einem Blatt in Lösung geht ca. 30 %). Eine einzige handelsübliche ASS-Tablette enthält aber bereits 100mg ASS.
Um ganz sicher zu gehen, sind aber auch geringe Salicylatmengen zu meiden.
Bei ernsten Krankheitsanzeichen (z.B. Zustandsverschlechterung wie heftiges Erbrechen) sollte umgehend der Arzt kontaktiert werden, dann ist die Behandlungsmöglichkeit eines Reyesyndroms gut.
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