Hallo,
"Die Wirkung war desaströs: Er benahm sich wie ein Mensch im Vollrausch: Lallte, lachte, und war vor allem kaum zu bändigen."kommt leider ab und zu vor. In der Literatur werden für diese (für Eltern zwar sehr beunruhigende, in der Regel aber völlig harmlose) paradoxe Reaktion (Patient wird nicht beruhigt, sondern aufgeregt) Häufigkeiten von bis zu 5% genannt (
Franz-Josef Kretz, Karin Becke 2007, Anästhesie und Intensivmedizin bei Kindern, Seite 102
).
"klang diese paradoxe Wirkung nach ca.90 Minuten ab."typischer Zeitraum, nach ca. 2 Stunden ist die Wirkung des Mittels aufgehoben.
"Der meinte nur: Das liege an der Dosis. Man müsse die eben erhöhen."es gibt mehrere Möglichkeiten, warum Midazolam nicht wie erwartet wirkt. Z.B. wurde bereits mit der OP-Vorbereitung weiter gemacht, ehe genug Zeit für einen Wirkungseintritt vergangen ist (man sollte ca. 10-20 Minuten mit weiteren Aktivitäten warten), es ist in der Tat auch nicht völlig ausgeschlossen, dass eine zu niedrige Dosierung gewählt wurde, oft kann man aber einfach nicht sagen, warum es im Einzelfall zu der paradoxen Wirkung kommt.
"Hat das Gehirn unseres Sohnes jetzt 2mal die lustige Wirkung eines Rausches erlebt? Wird sein Gehirn solche Rauschzustände in Zukunft suchen?"völlig unbegründete Ängste, bei einer paradoxen Wirkung sieht man dem Patienten an, dass kein entspannter, angenehmer Rauschzustand durchlebt wird, vielmehr ist das Verhalten oft eher aggressiv nervös. So oder so verursacht das Mittel eine Amnesie, d.h. der Patient erinnert sich nicht an diese Episode.
"Unser Sohn hatte keine Angst vor der Spritze Aus unserer Sicht war die Gabe von Dormicum vollkommen unnötig."je nach Einzelfall verzichten zwar einige Ärzte bei älteren Kindern und besonders günstigen Einzelumständen (z.B. besonders entspannter Atmosphäre mit genug Zeit und je nach Umfang der sonstigen Vorbereitungen) auf die Gabe von Dormicum (
Franz J. Frei, T Erb, Christer Jonmarker, Robert Sümpelmann, Olof Werner 2009, Kinderanästhesie, Seite 68
), die Zielsetzung einer Prämedikation (so der Fachbegriff für die Gabe einer schmerzstillend und beruhigend wirkenden Substanz im Rahmen der OP- bzw. Narkosevorbereitung) geht aber über die Bekämpfung einer banalen Angst vor Spritzen weit hinaus: die betriebsame Atmosphäre in einem kühl-sachlichen OP-Vobereitungsraum mit den diversen flott durchgeführten Aktionen eines gut eingespielten Teams ist sogar für Erwachsene normalerweise alles andere als beruhigend, um (evt. unterbewusste) Anspannungen und Stressreaktionen zu vermeiden ist etwas medikamentöse Unterstützung wirklich äusserst hilfreich (und wird daher ja auch bei Erwachsenen vorgenommen). Diese Mittel verursachen ausserdem eine teilweise Amnesie, d.h. das Kind erinnert sich später nicht mehr an die evt. belastenden Umstände der Vorbereitung bzw. des Eingriffs. Nicht zuletzt vermindert sich so auch die Häufigkeit von Verhaltensstörungen beim Aufwachen nach der OP (
Dietmar Weixler, Klaus Paulitsch 2003, Praxis der Sedierung, Seite 156
). Dementsprechend war - auch, wenn der Sohnemann keine Angst vor der Spritze hatte - eine Prämedikation gewiss vertretbar und absolut konform mit dem aktuellen med. Wissensstand.
"3. Laut Narkosearzt sei eine solche paradoxe Wirkung HÄUFIG bei Kindern."kommt darauf an, wie man die genannte Zahl von bis zu 5% einschätzt. Liegt eigentlich im Rahmen der Nebenwirkungsraten anderer Mittel, ausserdem ist der oben erläuterte Nutzen so eindeutig, dass man gelegentliche unerwünschte Effekte in Kauf nimmt. Mit entsprechend guter Vorbereitung kann man die Zahl paradoxer Reaktionen ausserdem auch noch weiter senken (aber leider nie ganz verhindern).
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