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Reisemedizin

Tollwut: bestehende Grundimmunisierung, späte Nachimpfung

von Nachimpfung , 06.05.15 17:35
Liebes Cyberdoktor Team,

Ich war Ende 2014⁄Anfang 2015 in Vietnam, wo mich ein makake in einem Mangrovenwald in can gio angesprungen hat. Scheinbar hatte er es auf meine Wasserflasche abgesehen, und hinterließ mit seiner Pfote auf meinem Arm (auf den er gesprungen ist) einen oberflächlichen Kratzer (kein Blut). Die Wunde habe ich erst am Abend, also einen halben Tag später, ausgespült und desinfiziert.

Ich hatte vor meiner Reise die grundimmunisierung mit rabipur erhalten, die letzte der drei Impfungen war ca 5-6 Wochen vor Exposition. Blöderweise war es in der Impfberatung so rüber gekommen, als würde die grundimmunisierung als Schutz ausreichen.

Zurück in Deutschland ging ich vier Wochen und ein Tag nach Exposition zu meinem tropenarzt (wegen einer anderen Fragestellung), der dann meinte, man müsse sofort nachimpfen. Die zweite Nachimpfung war am 29.1.2015, vier Wochen und drei Tage nach Exposition. Ich war ziemlich geschockt, weil derselbe Arzt es bei der Impfberatung hatte klingen lassen, als sei mit der grundimmunisierung die Sache gegessen. Deswegen fiel es mir schwer, ihm zu vertrauen, als er sagte, mit den zwei Nachimpfungen sei die Sache jetzt gegessen und ich sollte gar nicht mehr dran denken.

Vor drei Tagen war ich erneut beim tropenarzt, allerdings einem anderen Arzt aus derselben Praxis. Ich wollte meine Ängste beilegen, dass die Nachimpfungen zu spät gegeben worden seien. Der zweite Arzt meinte, wenn ich angesteckt worden wäre, wär ich schon längst mausetot. Ich solle mir keine Sorgen mehr machen, das Szenario, dass ich trotz grundimmunisierung und Nachimpfung (spät zwar, aber wohl noch an der Grenze) immer noch nicht erkrankt sei, sei unrealistisch und ich mit meinen insgesamt 5 Impfungen auf der sicheren Seite. Man sollte eigentlich früher nachimpfen, andererseits gäbe es noch keinen Fall, wo jemand trotz grundimmunsierung, Exposition und fehlender Nachimpfung erkrankt wäre, der eine fall pro Jahr in Deutschland, der Reisende betreffe, betreffe ungeimpfte Personen.

Trotz all dieser Versicherungen werd ich das nagende Gefühl nicht los, dass die Nachimpfungen zu spät gegeben wurden und ich irgendwann doch noch erkranke. Fallen diese Ängste in den Bereich des realistischen, kann ich das Thema wirklich ad Acta legen? Habe ich die Grenze zur Phobie bereits überschritten?

Danke für eure wertvolle Hilfe.

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Re: Tollwut:bestehende grundimmunisierung,späte Nachimpfung

von Nachimpfung , 06.05.15 20:37
Sorry, zweite Nachimpfung war vier Wochen und vier Tage nach Exposition (impfschema tage 0 und 3).

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Re: Tollwut: bestehende Grundimmunisierung, späte Nachimpfung

von Cyberdoktor , 06.05.15 21:45
Hallo,

"makake...hinterließ...oberflächlichen Kratzer (kein Blut). erst am Abend, also einen halben Tag später, ausgespült und desinfiziert."
besser als nichts, in der Notfallsituation darf man übrigens aber auch eine sofortige Spülung mit Getränken improvisieren, auch Wasser aus Ihrer mitgeführten Trinkflasche, Softdrinks wie Cola oder Tee wären dann in Ordnung.

"grundimmunisierung mit rabipur erhalten, die letzte der drei Impfungen war ca 5-6 Wochen vor Exposition."
perfekt, dann waren Sie doch exzellent geschützt, mit der Notfallimpfung nach einer Tollwut-Exposition möchten die Ärzte nur noch das letzte Quäntchen Extra-Schutz gewinnen. Als Tollwut-Grundimmunisierter lohnt es sich bei so einem Vorfall eher, sich Sorgen über Tetanus oder bakterielle Wundinfektionen machen.

"der dann meinte, man müsse sofort nachimpfen."
geht in Ordnung, es war ja eine Risikosituation, für die die Leitlinien eine Impfung vorsehen (siehe auch Affenkratzer in Thailand (Krabi), bestehender Tollwutschutz ). Sollte man dann auch machen, für Panik gibt es aber keinen Anlass.

"als sei mit der grundimmunisierung die Sache gegessen."
es ist in der Tat nicht zu erwarten, dass bei der so kurz zurückliegenden Grundimmunisierung Tollwutviren eine Chance zur Infektion hätten. Sehen Sie die Postexpositionsprophylaxe einfach als Doppel-Versicherung an.

"mit insgesamt 5 Impfungen auf der sicheren Seite."
korrekt.

"Man sollte eigentlich früher nachimpfen, andererseits gäbe es noch keinen Fall, wo jemand trotz grundimmunsierung, Exposition und fehlender Nachimpfung erkrankt wäre"
ebenfalls korrekt.

"Fallen diese Ängste in den Bereich des realistischen, kann ich das Thema wirklich ad Acta legen? "
völlig unrealistische Ängste.

"Habe ich die Grenze zur Phobie bereits überschritten?"
nur, wenn Sie sich jetzt trotz der wiederholten Entwarnungen von ärztlicher Seite weiter Gedanken machen und z.B. über immer neue Nebenaspekte und Details grübeln (siehe Tollwutphobie ).

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Beste Grüsse

Ihr Cyberdoktor-Team

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Re: Tollwut: bestehende Grundimmunisierung, späte Nachimpfung

von Nachimpfung , 06.05.15 23:09
Hammer. Vielen vielen Dank für die schnelle und klare Antwort, einfach fantastisch

Gegen Tetanus war ich zum Glück auch geimpft, wegen der Gefahr einer bakteriellen Infektion bin ich überhaupt erst wieder im Januar zum tropenarzt gegangen (das war die andere Fragestellung, die ich erwähnt hab), und auch, weil mir ein Mitreisender erzählt hatte, dass Makaken das herpes b Virus auf Menschen übertragen können und das tödlich ist.

Der Arzt hatte noch nie was vom herpes b Virus gehört, und anscheinend (laut Internet) gab es weltweit auch in x Jahren nur 40 Fälle von Übertragung makake-Mensch mit tödlichem Ausgang.

in Anbetracht der Tatsache, dass es in Deutschland alleine 2013 schon 420 fsme-fälle durch zecken gab, die sich ja auch schlimm entwickeln können, und ich vor zecken keine Angst habe, hatte ich irgendwann das Gefühl, dass ich vor einer herpes b Ansteckung auch keine Angst haben muss. Zumal die Inkubationszeit der Krankheit 4-6 Wochen beträgt und ich ja offensichtlich immer noch lebe :-)

Möchte das mit dem Herpes b aber trotzdem erwähnen, weil das auch makaken in Gefangenschaft betrifft (also auch in Tierparks etc), ich glaub nicht dass man das Tier dagegen impfen kann. Insofern find ichs angebracht, dass cyberdoktor Leser davon erfahren und sich eine eigene Meinung bilden können, ich werd mich auf jeden Fall von makaken zukünftig fernhalten.

Blöd, weil ich Tiere echt liebe und mich gerne mit Ihnen umgebe, aber der ganze Stress ist mir das nach einem tropischen Urlaub nicht wert.

Wirklich vielen Dank nochmal, ich weiß das sehr zu schätzen was Sie mit dieser hochinformativen und übersichtlichen Seite leisten.

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Re: Tollwut: bestehende Grundimmunisierung, späte Nachimpfung

von Cyberdoktor , 07.05.15 11:26
Hallo,

"dass Makaken das herpes b Virus auf Menschen übertragen können und das tödlich ist."
na, da haben Sie ja einen schön exotischen Erreger rausgesucht, in den Körpern der in den tropischen Urwäldern beheimaten Primatenarten lauert eine grosse Anzahl weiterer Zoonosen (so der Fachbegriff für Krankheiten, die von Tier auf Mensch überspringen können), viele davon sind vermutlich noch gar nicht bekannt. Wir Menschen sind nahe Verwandte, Mikroorganismen können dann leichter als bei anderen Tieren den Wechsel schaffen, z.B. können die Ebola-Viren auch Affen infizieren.

Das ist zwar interessant und ein schöner Stoff für Hollywood-Filme, für Panik gibt es aber keinen Anlass, Ansteckungen mit diesen exotischen Keimen bleiben eine Rarität. Eine Handvoll Herpes-B Fälle weltweit, setzt man das in Relation zu mehr als dreitausend Verkehrstoten in Deutschland im Jahr 2014 ( Zahl der Verkehrstoten 2014 - Statistisches Bundesamt ) und den noch höheren Zahlen in den meisten Urlaubsländern, sind für Reisende eher Ängste angebracht, auf der Fahrt zum Flughafen umzukommen.

"Möchte das mit dem Herpes b aber trotzdem erwähnen, weil das auch makaken in Gefangenschaft betrifft (also auch in Tierparks etc), ich glaub nicht dass man das Tier dagegen impfen kann."
es lohnt nicht, einen bestimmten Erreger herauszugreifen, einfach die universelle Regel beachten: kein Kontakt mit exotischen Tieren, egal ob wild oder im Tierpark.

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Ihr Cyberdoktor-Team

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Re: Tollwut: bestehende Grundimmunisierung, späte Nachimpfung

von Nachimpfung , 07.05.15 14:41
Super :) Danke

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