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Reisemedizin

Hepatitis B - Infektion bei Partnerin, Übertragungsrisiko Geimpfter

von Unbekannt , 07.08.15 12:52

Lieber Cyberdoktor,

bin männlich (38), Single und habe vor drei Monaten eine Frau (29) näher kennengelernt.

Nun wurde bei ihr - für sie so überraschend wie für mich - eine chronische Hepatitis B festgestellt. Genaue Zahlen habe ich nicht aber die Diagnose ist gesichert. Aufgrund der Familiengeschichte ist anzunehmen, dass ihre Infektion bereits in der Kindheit stattfand. Ihre Viruslast ist mittel bis niedrig und sie wird nun noch Medikamente einnehmen, um die Viruslast weiter zu senken.

Bis dahin hatten wir zusammen safer sex (bis auf oral bds. und Fingern bds.) gehabt, intensives Küssen, Teilen von Geschirr, Handtüchern usw.

Nach Kenntnis ihrer Infektion habe ich in mein Impfbuch geguckt - vor ca. 10 Jahren erhielt ich nach dem vorgeschriebenem Impfschema eine Dreifach-Twinrix Impfung, der Titer wurde nie kontrolliert. Machte dann gleich den Hep B Standardtest - alle Werte negativ bis auf Anti-HBs - der Titer war dabei mit 700 relativ hoch.

--> 1. Das bedeutet, ich bin sicher nicht mit Hep B infiziert sondern durch Impfung geschützt. Gibt es hier noch eine diagnostische Lücke?

--> 2. Der relativ hohe Titer könnte normal sein, oder durch Exposition zu ihrem Virus, der meine Antikörperproduktion anregte?

Die Frau und ich haben eine offene Verbindung, ferner bin ich ein eher ängstlicher Mensch, und meine beiden kleinen Söhne (4 und 6) leben zeitweise bei mir im Haushalt. Beide wurden mit dem normalen Impfschema nach Geburt 4x gegen Hep B geimpft (ohne Titer-Überprüfung).

Nun kommt das eigentliche Problem. Ich kann meine Gedanken selbst hundertmal moralisch verwerflich finden (gerade kranke Menschen haben natürlich jede Form von Zuwendung verdient) doch ich kann mich leider nicht freimachen von wiederkehrenden Ängsten vor Ansteckung von mir und meiner Kinder. Das beeinflusst natürlich das Verhältnis zu dieser Frau und möglichen Zukunftsperspektiven. Aktuell kann ich mir - leider - nicht vorstellen, mit ihr etwas Festes aufzubauen (es wäre wohl anders, wären wir schon in einer gewachsenen gefestigten monogamen Beziehung liiert gewesen).

In einer monogamen Beziehung wäre der Sex zwischen uns bds. vor allem ungeschützt erwünscht (und neben vaginal gibt es hier ja auch noch viele weitere bunte Praktiken). Ist eine stark erhöhte Exposition zum Virus ein Faktor, der meine Infektionsgefahr hier signifikant erhöht? Ich meine, normalerweise wird man ja eher für den Fall der Fälle geimpft, selbst bei Krankenhauspersonal quasi WENN mal ein Nadelstich vorkommt. Aber in meiner Konstellation hier hätte ich ja dann faktisch ständige Virus-Exposition.

--> 3. Bin ich solange ich Anti-HBs >100 immer 100% sicher geschützt? Oder vermutlich selbst dann nur 95% (zB Virusmutationen, starke Reibung bei langem ungeschützem Sex usw).

--> 4. In punkto meiner Kinder (wo meine Angst noch größer ist) ist die Infektionsgefahr sicher nochmal geringer weil da natürlich nur normale Haushaltskontakte beständen. Den Titererfolg der Kinder solllte man aber in jedem Fall überprüfen, oder?

--> 5. Was könnte man noch tun, um die Sicherheit ggf. zu erhöhen? Mich nachimpfen lassen, den Titererfolg alle 5 Jahre kontrollieren, ihre medikamentös reduzierte Viruslast regelmässig kontrollieren? Genotyp bestimmen? Mutationen ausschliessen? Kein Teilen von Zahnbürste, Rasierer, klar. Noch etwas? Auf ungeschützten Sex jeder Art für immer verzichten (nur in punkto Hep B wir haben beide keine C und kein HIV usw.)?

-->6. Dabei fiel mir auch auf, dass die (Internet)Literatur je nach Quelle und Land sehr uneinheitlich ist. An manchen Stellen wird geraten, auf keinen Falll Geschirr und Handtücher zu teilen, während man anderswo entspannter ist. Gibt es hier verschiedene wissenschaftliche Auffassungen oder ist das eher kultur- oder haftungsgetrieben?

--> 7. Ich weiss, es gibt Heilung für Hep B nur selten und wie groß die % ist bei entsprechender Therapie hängt von ihrer genauen Diagnose ab. Die kürzlichen großen Erfolge bei der Hep C Heilung machen es zumindest wahrscheinlicher, dass es auch bei Hep B in den nächsten Jahren einen Durchbruch geben könnte (trotz DNA-Virus)?

Rational ist mir klar, dass es keine 100% Sicherheit im Leben gibt. Mental leider nicht - typischer Angst⁄Zwangs-Mensch ) Möchte mein reales Risiko zumindest besser verstehen.

Danke für Ihren Rat.

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Re: Hepatitis B - Infektion bei Partnerin, Übertragungsrisiko Geimpfter

von Cyberdoktor , 07.08.15 14:02
Hallo,

"Frau kennengelernt...bei ihr eine chronische Hepatitis B festgestellt... Viruslast ist mittel bis niedrig und sie wird nun noch Medikamente einnehmen"
die Hepatitis ist also noch aktiv, d.h. die Partnerin kann Kontaktpersonen ohne Hepatitis Immunität anstecken (siehe auch unser Themenblock was bedeutet Zustand nach Hepatitis B ), die behandelnden Ärzte sollten über Risikosituationen beraten.

"Bis dahin hatten wir zusammen safer sex (bis auf oral bds. und Fingern bds.) gehabt, intensives Küssen, Teilen von Geschirr, Handtüchern usw."
so steckt man sich im Allgemeinen nicht an (siehe z.B. hiv hep gefahr (mit Strohhalm aus fremden Glas getrunken) und HBV infektionsgefahr Angehöriger infiziert ).

"vor ca. 10 Jahren erhielt ich nach dem vorgeschriebenem Impfschema eine Dreifach-Twinrix Impfung, "
sicherer Schutz vor einer Hepatitis B.

"der Titer wurde nie kontrolliert."
war auch nicht nötig, da Sie seinerzeit ja kein spezielles Risiko hatten.

"Anti-Hbs - der Titer war dabei mit 700 relativ hoch."
diese Titerbestimmung war richtig, Sie sind ja nun ein Sexualpartner einer Patienten mit einer aktiven Hepatitis B ( Schutzimpfung gegen Hepatitis B: Häufig gestellte Fragen und Antworten (Robert Koch-Institut) ), der Werte spricht normalerweise für eine gute Immunität gegen die Viren nach einer erfolgreichen Impfung.

"Der relativ hohe Titer könnte normal sein"
ist überhaupt nicht ungewöhnlich.

"durch Exposition zu ihrem Virus, der meine Antikörperproduktion anregte?"
die geschilderten bisherigen Praktiken lassen keine Virusexposition vermuten.

"meine beiden kleinen Söhne (4 und 6) leben zeitweise bei mir im Haushalt. Beide wurden mit dem normalen Impfschema nach Geburt 4x gegen Hep B geimpft"
prima, sind also geschützt.

"Ist eine stark erhöhte Exposition zum Virus ein Faktor, der meine Infektionsgefahr hier signifikant erhöht?"
nein, die Impfung schützt auch bei wiederholten Kontakten gleichbleibend gut.

"Bin ich solange ich Anti-Hbs >100 immer 100% sicher geschützt?"
es gibt in der Medizin keinen 100% Schutz. Das es trotz Impfung und guten Titern zu einer Infektion kommt, ist aber ein völlig unrealistisches Szenario.

"In punkto meiner Kinder ist die Infektionsgefahr sicher nochmal geringer weil da natürlich nur normale Haushaltskontakte beständen."
richtig.

"Den Titererfolg der Kinder solllte man aber in jedem Fall überprüfen, oder?"
ja.

"Was könnte man noch tun, um die Sicherheit ggf. zu erhöhen? Mich nachimpfen lassen, den Titererfolg alle 5 Jahre kontrollieren"
nachgeimpft wird nur bei einem Titer < 100 IE/l, dann erneute Kontrolle nach 10 Jahren. Ansonsten gelten die üblichen allgemeinen Vorsichtsmassnahmen (kein Teilen von Rasieren, Zahnbüsten oder sonstigen Gegenständen, die zu Hautverletzungen führen können).

"ihre medikamentös reduzierte Viruslast regelmässig kontrollieren?"
die Ärzte werden ohnehin den Therapieerfolg prüfen.

"Genotyp bestimmen? Mutationen ausschliessen?"
überflüssig.

"Auf ungeschützten Sex jeder Art für immer verzichten"
normalerweise nicht nötig, wenn der Partner geimpft ist.

"An manchen Stellen wird geraten, auf keinen Falll Geschirr und Handtücher zu teilen"
nicht in seriöser med. Fachliteratur.

"weiss, es gibt Heilung für Hep B nur selten"
falsch. Die meisten (mehr als 90%) der akuten Hepatitis-B-Infektionen bei Erwachsenen heilen vollständig aus (und führen zu einer anhaltenden Immunität), Hepatitis B RKI-Ratgeber für Ärzte .

"dass es auch bei Hep B in den nächsten Jahren einen Durchbruch geben könnte (trotz DNA-Virus)?"
gut möglich.

"typischer Angst⁄Zwangs-Mensch"
behalten Sie die Angstsituation im Auge, bei Bedarf früh mit dem Hausarzt reden,
übersteigerte Ängste haben die Tendenz, schlimmer zu werden. Vorsicht im Internet, Recherchen auf Laienseiten führen dann oft zu gesteigerten Sorgen ( Cyberchondrie ).

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Beste Grüsse

Ihr Cyberdoktor-Team

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