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Arbeits- und Umweltmedizin

Schwangerschaft Strahlenklinik

von mr.burns , 02.11.08 17:51
Ich arbeite Neuerdings im Krankenhaus in der StrahlentherapieAmbulanz , vorher habe ich als Schreibkraft im Schreibdienst des gleichen Hauses gearbeitet Nun habe ich vor Schwanger zu werden , allerdings frage ich mich ob mein Baby gefährdet wäre Ich arbeite nicht in der Therapie selbst, sondern in der Ambulanz Habe aber Patientenkontakt mit Patienten die aktuell in der Strahlentherapie sind oder waren )
Ich möchte aber nicht meine Kollegen fragen, da die von der geplanten Schwangerschaft noch nicht erfahren sollen, da ich dort erst seit einem Monat arbeite
Leider kenne ich mich Medizinisch nicht so gut aus, um mir diese Frage selbst zu beantworten
Müßte ich vorher eine Versetzung beantragen bevor ich Schwanger bin oder eine Versetzung oder ein Beschäftigungsverbot vom Frauenarzt erhalten wenn ich bereits Schwanger bin oder wäre es dann schon zu spät ?? Oder ist es garnicht gefährlich für das Baby ?? Liebe Grüße

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Re: Schwangerschaft Strahlenklinik

von Cyberdoktor , 02.11.08 20:04
Hallo,

"Ich arbeite Neuerdings im Krankenhaus in der Strahlentherapie-Ambulanz... Nun habe ich vor Schwanger zu werden , allerdings frage ich mich ob mein Baby gefährdet wäre Ich arbeite nicht in der Therapie selbst, sondern in der Ambulanz Habe aber Patientenkontakt mit Patienten die aktuell in der Strahlentherapie sind oder waren )"
Das Mutterschutzgesetz sagt unter § 4 (Weitere Beschäftigungsverbote):
(1) Werdende Mütter dürfen nicht mit schweren körperlichen Arbeiten und nicht
mit Arbeiten beschäftigt werden, bei denen sie schädlichen Einwirkungen von
gesundheitsgefährdenden Stoffen oder Strahlen von Staub, Gasen oder Dämpfen, von Hitze, Kälte oder Nässe, von Erschütterungen oder Lärm ausgesetzt sind.

Also: in den Kontrollbereichen (die mit entsprechenden Schildern gekennzeichnet sind), in denen Strahlenbelastungen auftreten, darf eine Schwangere nicht arbeiten (und diese auch nicht ausnahmsweise betreten).

In Räumen, die nicht speziell gekennzeichnet sind, darf es zu keinen Belastungen durch Strahlen kommen, dort müssen Sie keine Angst haben, der ganze Aufwand mit Kontrollbereichen und den Schildern wird ja betrieben, damit niemand ohne Wissen Strahlen abbekommt. Auch die Patienten sind bei der Entlassung keine für andere gefährlichen Strahlenquellen.

"Ich möchte aber nicht meine Kollegen fragen, da die von der geplanten Schwangerschaft noch nicht erfahren sollen, da ich dort erst seit einem Monat arbeite"
das müssen Sie auch nicht, Sie sollten aber mit dem Betriebsarzt reden, der hat Schweigepflicht, schreiben Sie uns, was der Arzt sagt, wir freuen uns immer über eine Rückmeldung.

"Müßte ich vorher eine Versetzung beantragen bevor ich Schwanger bin oder eine Versetzung oder ein Beschäftigungsverbot vom Frauenarzt erhalten wenn ich bereits Schwanger bin"
In Ihrem Fall scheint es keinerlei Grund für eine Versetzung zu geben (Sie arbeiten nicht im Kontrollbereich?).

Wenn Sie aber Strahlen ausgesetzt wären, dann würde erst bei der Schwangerschaft ein neuer Einsatzort gesucht.

" oder wäre es dann schon zu spät ??"
die Möglichkeit einer unbekannten Frühschwangerschaft im ersten Monat ist bei Personal im Kontrollbereich stets gegeben, d.h. es kann in der Tat bei beruflich exponierten Personen dazu kommen, dass, je nach dem wann die Schwangere testet, z.B. die Schwangerschaft schon in der dritten Woche ist, und in dieser Zeit aber weiter im Kontrollbereich gearbeitet wurde.

Es wäre zwar wünschenswert, auch die kleinste unnötige Belastung für das Kind zu vermeiden (praktisch ist das aber nicht möglich, der Schwangerschaftstest ist ja nicht bereits am ersten Tag positiv), wir sehen bei aller Vorsicht die Situation aber nicht als dramatisch an. Eine einzelne Aufnahme z.B. dürfte aber den Uterus/Gonadenbereich des Personals im Bereich von ca. einem Mikro-Sievert belasten (ROTHE, W. (1977): Strahlenexposition von Haltepersonen bei der veterinärmedizinischen Röntgendiagnostik Monatsh. Veterinärmed. 32, 107-109). Zum Vergleich: für den Patienten liegt die Dosis bei einer Aufnahme der Lendenwirbelsäule bei ca. 1 Milli-Sievert, die Personaldosis ist also ca. um den Faktor 1000 unter diesem Wert. Das Personal muss also sehr viele Aufnahmen machen, um entsprechende Patienten-Werte zu erreichen. In der Strahlentherapie wird selbstverständlich auf vergleichbare Schutzmassnahmen für das Personal geachtet.

Komplette Entwarnung kann man bei Röntgenstrahlen nie geben, normalerweise ist das Personal aber meilenweit von den für Missbildungen nötigen Strahlendosen entfernt (siehe auch der Themenblock "Röntgenaufnahme in der Schwangerschaft").

Missbildungen sind also nicht zu erwarten, ungefährlich sind Strahlen aber trotzdem nicht, es muss ja nur ein einziges Chromosom von verirrten Streustrahlen geschädigt werden, die Folge wäre dann aber kein Missbildungsrisiko, sondern ein erhöhtes Krebsrisiko nach Strahlenbelastung. Hat man als Personal bei Beachtung der Schutzmassnahmen (Schürzen etc.) eine minimale Belastung über 2-3 Wochen, ist dieses Risiko für das Kind aber äusserst klein.

Wenn Sie einen Kinderwunsch haben, sollten Sie übrigens beim Frauenarzt möglichst vor Absetzen der Verhütungsmittel einen Termin zur Schwangerschaftsvorbereitung vereinbaren (Beratung zu Impfungen, körperliche Untersuchung etc.).

Zusätzlich unsere Standardfrage bei Kinderwunsch: Nehmen Sie bereits Folsäure? Dies wäre sehr wichtig!

Bei Kinderwunsch sollte stets mit Absetzen der Verhütungsmittel (d.h. wenn Sie anfangen, ungeschützten Verkehr zu haben) eine Folsäureeinnahme begonnen werden. Denn wenn Sie bei einer Schwangerschaft eine ausbleibende Periode bemerken und erst dann mit Folsäure starten, haben Sie schon wichtige Tage für die Folsäuregabe verpasst. Entscheidend ist besonders der Zeitraum der ersten (meist ja unbemerkten) Schwangerschaftswochen, da sich die gefürchteten Neuralrohrdefekte schon in der zweiten bis dritten Schwangerschaftswoche bilden können.


folsäure
Folsäure: Strukturformel.
Bild: Commons, GNU Freie Dokumentationslizenz


Die Folsäure verhindert die genannten kindlichen Missbildungen so sicher, dass in anderen Ländern Folsäure dem Mehl beigemischt wird, dies wäre auch für Deutschland wünschenswert. Ein Verzicht auf Folsäure ist normalerweise wesentlich gefährlicher, als die Arbeit im Kontrollbereich bei einer unbemerkten Schwangerschaft.

Beste Grüsse und Alles Gute, halten Sie uns auf dem Laufenden

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