Hallo,
"ich habe mich kürzlich bei der arbeit bin krankenschwester) an einer venenverweilkanüle gestochen."
ein recht häufiges Problem, kein Grund zur Panik, aber zu einem planvollen Vorgehen.
"Habe anschliessend die hände gewaschen und betroffene Stelle desinfiziert."
das war durchaus richtig. Standard ist (gemäss den offiziellen Richtlinien "Postexpositionelle Prophylaxe der HIV-Infektion Deutsch-Österreichische Empfehlungen.", veröffentlicht u.a. vom Robert-Koch-Institut und der Deutschen AIDS-Gesellschaft (DAIG) / der Österreichischen AIDS-Gesellschaft (ÖAG)):
sofort den Blutfluss fördern durch Druck auf das umliegende Gewebe (≥ 1 Minute), dann intensive antiseptische Spülung. Das Quetschen und Ausdrücken direkt im Einstichbereich ist aber zu vermeiden, um keine Erregerverschleppung in tiefere Gewebsschichten zu begünstigen.
"Anschliessend musste ich sofort zur blutuntersuchung hiv und hep c."
korrekt. Nach der Notfallversorgung muss man sofort die Diagnostik einleiten, um dann bei Bedarf (nur dann) ohne Zeitverlust eine Postexpositionsprophylaxe zu beginnen. Auch auf Hepatitis B muss getestet werden (ausser Sie sind geimpft).
" Auch das blut der patientin wurde sofort untersucht. Unsere beiden Resultate waren negativ."
prima.
" Der behandelnde Arzt beruhigte mich darauf und meite ich müsse mir keine sorgen wegen einer Infektion machen."
der Arzt hat nach Ihrer Schilderung gewiss recht. Er wird ja bei seinem Rat neben dem Testergebnis zusätzlich die Lebenssituation der Patientin berücksichtigt haben, diese dürfte keinerlei Anzeichen für ein erhöhtes Risiko gezeigt haben.
" Ich müsse mich auch nicht so verhalten als könnte ich potentiell eine Infektion haben- sprich safer-sex etc."
das stimmt in diesem Fall.
" Zudem wurde mir von einer postexpositionsprophylaxe abgeraten."
auch das ist, wenn keine Anhaltspunkte für eine Infektion oder ein erhöhtes Risiko bei der Kontaktperson vorliegen, richtig.
Voraussetzung für die ärztliche Empfehlung einer HIV-Postexpositionsprophylaxe (PEP) ist gemäss den oben zitierten Empfehlungen grundsätzlich ein mit relevantem Übertragungsrisiko erfolgter Kontakt zwischen einer HIV-negativen und einer HIV-infizierten Person (Indexperson). In Ihrem Fall gibt es aber keine nachweislich HIV-infizierten Person, dann wird normalerweise auch nicht zur postexpositionelle Prophylaxe geraten, Ausnahmen sind bei der Zugehörigkeit der Indexperson zu Personengruppen, in denen eine höhere HIV-Infektionswahrscheinlichkeit gegeben ist, möglich. Das die Indexperson zu einer Risikogruppe gehört, wird der behandelnde Arzt aber gewiss per Anamnese ausgeschlossen haben (im Zweifel bitte nachfragen).
Zur Beurteilung des HIV-Expositionsrisikos und zur Abwägung des Nutzens und der Risiken einer HIV-PEP sollte stets ein in der HIV-Therapie erfahrener Arzt hinzugezogen werden.
Das durchschnittliche Risiko einer HIV-Infektion nach Hautverletzungen und Kontakt mit Blut von (nachweislich!) HIV-Infizierten liegt übrigens nur bei ca. 0,3 %.
"Ich weiss schliesslich nicht, was die patientin in den letzten 3 Monaten gemacht hat- der hiv test der patientin hat doch eigentlich gar keine bedeutung zu diesem Zeitpunkt."
doch, der Test hat sogar eine grosse Bedeutung, bitte bedenken Sie: ein negatives Testergebnis besagt, das die Patientin sich in ihrem gesamten bisherigen Leben (abzüglich des in Relation eher kleinen Zeitraums unmittelbar vor dem Test) nicht mit HIV angesteckt hat (die sexuellen Gewohnheiten bzw. Lebensumstände der Patientin scheinen also bisher kein Ansteckung zu begünstigen), die Wahrscheinlichkeit, dass nun ausgerechnet in den letzten drei Monaten vor dem Test eine Änderung in Richtung höheres Risiko und eine Infektion stattfand, sind dann eher gering (im übrigen sind bei vielen Patienten Antikörper bereits nach 3-6 Wochen nach einer Infektion nachzuweisen, der kritische Zeitraum ist also meist nicht volle 3 Monate). Ein sehr kleines Restrisiko bleibt natürlich.

HIV - Testkit: Antikörpernachweis häufig bereits 3-6 Wochen nach Infektion möglich.
Bild: CDC/ Cheryl Tryon; Stacy Howard
"Muss ich jetzt 3 Monate bis zum nächsten Bluttest Angst haben?"
nein. Die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung ist in diesem Fall äusserst gering.
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