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Arbeits- und Umweltmedizin

Einstellungsuntersuchung mit Defi

von Alexander83 , 11.10.14 18:32
Sehr geehrte Damen und Herren,

mir wurde vor einigen Jahren ein Defi implantiert, der bis heute keinerlei Probleme macht. Bei meiner aktuelle Jobsuche habe ich festgestellt, dass ich den Defi und den dazugehörigen Schwerbehindertenausweis besser nicht im Vorstellungsgespräch erwähnen sollte.

Spätestens bei der Einstellungsuntersuchung wird der Betriebsarzt den Defi jedoch bemerken. Zu 95 % werde ich wohl im Büro arbeiten, aber es kommt vor, dass ich mal in die Fertigung muss, wo es Maschinen gibt, die das Piktogramm „Kein Zutritt für Personen mit Herzschrittmachern oder implantierten Defibrillatoren“ haben. Wenn ich von den Maschinen 2 – 3 Meter Abstand halte oder zügig vorbeigehe ist auch alles i. O.

1) Kann der Betriebsarzt mich dadurch schon als nicht geeignet einstufen?

2) Welchen Rat zur Vorgehensweise bei der Einstellungsuntersuchung können Sie mir geben?
Den Schwerbehindertenausweis kann ich verschweigen, und würde ihn auch später nicht aus der Tasche „zaubern“. Den Defi kann ich dem Arzt nicht verschweigen, und müsste später wohl auch erklären, warum ich Abstand zu den Maschinen halte.

Alle Anregungen und Hinweise werden dankend angenommen

Mit freundlichen Grüßen

Alexander

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Re: Einstellungsuntersuchung mit Defi

von Cyberdoktor , 11.10.14 18:56
Lieber Alexander,

"mir wurde vor einigen Jahren ein Defi implantiert, der bis heute keinerlei Probleme macht. Bei meiner aktuelle Jobsuche habe ich festgestellt, dass ich den Defi und den dazugehörigen Schwerbehindertenausweis besser nicht im Vorstellungsgespräch erwähnen sollte."
die Krankengeschichte gehört auch nicht in ein Vorstellungsgespräch, es reicht, solche Dinge mit dem Arzt bei der Einstellungsuntersuchung zu besprechen.

"Spätestens bei der Einstellungsuntersuchung wird der Betriebsarzt den Defi jedoch bemerken. Zu 95 % werde ich wohl im Büro arbeiten"
bei reinen Bürojobs wäre diese Tatsache im Allgemeinen ohne Auswirkungen auf die Tauglichkeit.

"es kommt vor, dass ich mal in die Fertigung muss, wo es Maschinen gibt, die das Piktogramm „Kein Zutritt für Personen mit Herzschrittmachern oder implantierten Defibrillatoren“ haben."
es gibt Maschinen, die über niederfrequente elektrische oder magnetische Felder derartige Geräte beeinflussen können ( BGI/GUV-I 5111 Beeinflussung von Implantaten durch elektromagnetische Felder ). Dann existieren klar definierte Arbeits- und Aufenthaltsbereiche, d.h. nicht in jeder Entfernung besteht eine Gefahr, der Betriebsarzt wird das wissen.

"Wenn ich von den Maschinen 2 – 3 Meter Abstand halte oder zügig vorbeigehe ist auch alles i. O."
wie gesagt, es gibt dafür eindeutige Regeln, man kann nicht einfach davon ausgehen, dass bei bestimmten Geschwindigkeiten oder 2 Metern kein Risiko besteht.

"1) Kann der Betriebsarzt mich dadurch schon als nicht geeignet einstufen?"
nicht, wenn Sie den Gefährdungsbereich umgehen können, in einer grossen Halle sind evt. Umwege möglich.

"2) Welchen Rat zur Vorgehensweise bei der Einstellungsuntersuchung können Sie mir geben?"
der Defi ist angesichts der Maschinen-Problematik aus ärztlicher Sicht bedeutsam, muss man normalerweise offenlegen (wird der Arzt bei der Untersuchung wohl auch ohnehin sehen), im Zweifel vorab mit einem Anwalt oder der Gewerkschaft reden (siehe Arbeitsmedizinische Untersuchung, Einstellungsuntersuchung Betriebsarzt (Häufige Fragen) ).

"Den Schwerbehindertenausweis kann ich verschweigen"
Ob eine Schwerbehinderung offenbart werde muss, wird kontrovers diskutiert. Während früher die Gerichte eine derartige Auskunftspflicht bejahten, wird nach einer EU-weiten Gesetzesänderung (EG-Gleichbehandlungsrichtlinie Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf und deren Umsetzung in § 81 Abs. 2 SGB IX) mittlerweile aber von vielen Juristen die Ansicht vertreten, dass die Schwerbehinderung nur erwähnt werden muss, wenn dadurch die Eignung für den Arbeitsplatz in Frage gestellt wird. Auch hier sollte im Zweifel der Anwalt beraten.

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Re: Einstellungsuntersuchung mit Defi

von Alexander83 , 11.10.14 19:41
Vielen Dank für die prompte und umfangreiche Antwort am Samstagabend

Das Fazit für mich ist also, ich werde im Vorstellungsgespräch nichts von Defi oder Schwerbehinderung erwähnen und der Betriebsarzt wird dann final entscheiden, ob ich den Job bekomme oder nicht.

Da ich mich aus der Arbeitslosigkeit bewerbe, trägt das nicht wirklich zu meiner Zuversicht bei.

Nochmals vielen Dank für die Infos und die Links

MfG

Alexander

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Re: Einstellungsuntersuchung mit Defi

von Cyberdoktor , 11.10.14 22:56
Hallo,

"Da ich mich aus der Arbeitslosigkeit bewerbe, trägt das nicht wirklich zu meiner Zuversicht bei."
wenn sich ein Abstand zu den Maschinen einhalten lässt, sind die Aussichten eigentlich gut, dass der Betriebsarzt keine grundsätzlichen Bedenken hat. Es wäre schön, wenn Sie uns nicht vergessen und demnächst hier über den weiteren Verlauf berichten, wir wissen gern, wie es weiter geht und Sie helfen damit auch anderen Betroffenen.

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Re: Einstellungsuntersuchung mit Defi

von Alexander83 , 12.10.14 11:15
Guten Morgen,

sehr gerne werde ich hier meine Erfahrungen kundtun. Das nächste Vorstellungsgespräch steht aber erst in zwei Woche an.

Generell sehe ich es genauso, dass der Betriebsarzt damit keine Problem haben sollte.
Aber, wenn ich weder Defi noch Schwerbehindertenausweis im Vorstellungsgespräch erwähne, und der Doc auch keine Arbeitseinschränkungen feststellt, wird es zu Beginn der neuen Tätigkeit sicherlich einen Firmenrundgang bzw. Einweisung in die Fabrikabläufe geben. Spätestens dann müsste ich erklären, warum ich in bestimmte Räume nicht eintreten darf, bzw. warum ich von bestimmten Maschinen Abstand halten muss.
D. h. zu Beginn der Probezeit wird der Vorgesetzte von meinem Defi erfahren und sich ⁄ mich sicherlich fragen, warum ich das nicht im Vorstellungsgespräch thematisiert habe. Als Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit dürfte das nicht dienlich sein.

So oder so ein unschönes Thema, obwohl es in meinem Fall überhaupt kein Problem sein sollte. Das „Problem“ findet nur in den Köpfen der potentiellen Arbeitgebern statt. Leider.

Mit freundlichen Grüßen

Alexander

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Re: Einstellungsuntersuchung mit Defi

von Cyberdoktor , 12.10.14 13:31
Lieber Alexander,

"D. h. zu Beginn der Probezeit wird der Vorgesetzte von meinem Defi erfahren und sich ⁄ mich sicherlich fragen, warum ich das nicht im Vorstellungsgespräch thematisiert habe."
Sie sind ein Laie, in der Regel kann man nicht verlangen, dass Sie vorab Gefährdungen einschätzen können, daher gibt es ja auch einen Betriebsarzt, der die Situation im Betrieb kennt und das alles qualifiziert beurteilt. Der Arzt wird dann auch dem Arbeitgeber mitteilen, ob es Einschränkungen für bestimmte Bereiche gibt. Ein Defi ist normalerweise kein Thema in einem Vorstellungsgespräch.

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Re: Einstellungsuntersuchung mit Defi

von Alexander83 , 12.10.14 14:56
Vielen Dank für die Antworten

Allerdings erlaube ich mir der Letzten zu widersprechen.

Wer mehrere Jahre ein Defi hat, wird sicherlich wissen, dass es Bereiche gibt, in denen er vorsichtig sein muss und wie diese Bereiche gekennzeichnet sind.

Bei meinen letzten drei Vorstellungsgesprächen habe ich auf dem Betriebsgelände Hallen gesehen, auf deren Tore das Piktogramm „Kein Zutritt für Personen mit Herzschrittmachern oder implantierten Defibrillatoren“ gut sichtbar angebracht war. Sogar in zwei Verwaltungsgebäuden, in denen das Gespräch stattfand und ich später hätte arbeiten müssen, gab es Türen mit diesem Hinweis.

D. h. zum Zeitpunkt des Gesprächs habe ich auch als „Laie“ gewusst, dass ich bestimmte Bereiche in diesem Unternehmen mit meinem Defi nicht betreten darf. Diesen Punkt in einem Vorstellungsgespräch auszusparen erachte ich als kritisch, auch wenn es evtl. rechtlich nicht eindeutig geklärt ist.

Sollte das Unternehmen keine „Defi-kritischen-Maschinen“ haben, z. B. Dienstleistungsunternehmen oder Versicherungen, dann würde ich den Defi natürlich nicht erwähnen.

Mit freundlichen Grüßen

Alexander

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Re: Einstellungsuntersuchung mit Defi

von Cyberdoktor , 12.10.14 15:58
Hallo,

"Allerdings erlaube ich mir der Letzten zu widersprechen... Bei meinen letzten drei Vorstellungsgesprächen habe ich auf dem Betriebsgelände Hallen gesehen, auf deren Tore das Piktogramm „Kein Zutritt für Personen mit Herzschrittmachern oder implantierten Defibrillatoren“ gut sichtbar angebracht war."
korrekt, dann ist die Gefährdung auch für Laien offensichtlich, wir sind von Situationen ausgegangen, wo man das nicht vorab erkennen kann.

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Re: Einstellungsuntersuchung mit Defi

von Alexander83 , 17.11.14 18:56
Feedback No. 1

Wie gewünscht hier mein erstes Feedback zu einem Vorstellungsgespräch.

Ich hatte mich bei einer Firma mit 6.000 MA auf eine Stelle beworben, deren Anforderungen ich zu 100 % erfülle: Ausbildung, Berufserfahrung, Sprach- und IT-Kenntnisse. So eine hohe Übereinstimmung ist sehr selten
Das wurde in beiden Gesprächen auch von den Firmenvertretern deutlich hervorgehoben.

Im zweiten Gespräch habe ich den Defibrillator erwähnt und sehr deutlich gemacht, dass er zu keinen Problemen bei meiner täglichen Arbeit führen wird. Im Gegenteil, ich bin dadurch besser geschützt als Menschen ohne Defi.
Der Leiter Personal hat auch bestätigt, dass es völlig OK war den Defi erst im zweiten Gespräch zu erwähnen und auch er sieht dadurch keine Probleme. Das Gesicht des Abteilungsleiters war sehr verkrampft als ich über den Defi sprach.

Nach zwei Wochen erhielt ich eine Absage. Da ich die Stellenanforderungen voll erfüllt habe, das auch deutlich im Gespräch herausgestellt habe und die Firma nicht im Einzugsgebiet einer großen Stadt liegt, also es nicht all zu viele Bewerber mit ähnlichen Qualifikationen gegeben haben wird, bin ich mir sicher, dass der Defi mich aus dem Rennen geworfen hat.

Somit stellt sich mir wieder die Frage, ob ich in zukünftigen Gesprächen den Defi offen ansprechen werde oder nicht.

Gruß

Alexander

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Re: Einstellungsuntersuchung mit Defi

von Cyberdoktor , 18.11.14 14:30
Lieber Alexander,

"Das Gesicht des Abteilungsleiters war sehr verkrampft als ich über den Defi sprach. Nach zwei Wochen erhielt ich eine Absage."
Mist.

Wie gesagt ist der Defi aber auch eher kein Thema für das Vorstellungsgespräch (ausser man erwartet eine Führung in Betriebsbereiche mit Risikozonen und möchte eine Gefährdung ausschliessen), die Gesprächspartner sind med. Laien und können das in der Regel einfach nicht einschätzen. Dem Arzt gegenüber kann man das Gerät dagegen normalerweise erwähnen, er darf ja keine konkreten Diagnosen an den Arbeitgeber weitergeben (der Mediziner würde meist ohnehin bei Narben nachfragen).

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