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Allgemeinmedizin

Hebephrenie

von Unbekannt , 12.08.02 07:01
Was ist Hebephrenie? Wie entsteht diese? Wie kann behandelt werden? Wie sind die Chancen für Heilung?

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Re: Hebephrenie

von Cyberdoktor , 13.08.02 04:39
Liebe/r Cyberdoktor-Nutzer/in,

Ihre Frage kann hier nur relativ oberflächlich beantworten werden, füllt die Fragestellung doch Kapitel diverser Lehrbücher und sind die Heilungschancen immer abhängig vom individuellen Befund.

Hier die Kurzdarstellung:

Die Hebephrenie ist eine Form der schizophrenen Persönlichkeitsstörungen, bei der insbesondere Veränderungen des Affekts auffällig werden.

Die Schizophrenie ist eine psychische Störung, die auf einer veränderten Wahrnehmung der Umwelt (struktureller Wandel des Erlebens) beruht. Diese Art der Erkrankungen werden unter dem Überbegriff "Psychose" zusammengefasst. Im Gegensatz zu Erkrankungen wie z.B. dem Morbus Alzheimer, liegt der veränderten Wahrnehmung bei der Schizophrenie keine organische Ursache zugrunde. Sie gehört zu den körperlich nicht begründbaren Psychosen. Charakterisiert ist sie nicht etwa durch eine ausschließlich Wahrnehmungsstörung, vielmehr empfinden schizophrene Menschen ihre Umwelt nicht selten im Wechsel als reale oder verfremdete, oft bedrohliche Situation. Ihre Verhaltensweisen können daher zwischen "normal" und auffällig wechseln.

Geprägt wurde der Begriff Schizophrenie im Jahre 1911 durch Eugen Bleuler, daher auch die veraltete Bezeichnung Bleuler-Krankheit. Schizophrenie steht für die Spaltung (gr. Schizo) und Verstand von (gr. Phren). Bleuler postulierte dass "in den meisten Fällen die besondere Entwicklung, den besonderen Lebensweg eines Menschen unter besonders schwerwiegenden inneren und äußeren disharmonischen Bedingungen, welche Entwicklung einen Schwellenwert überschritten hat, nach welchem die Konfrontation der persönlichen inneren Welt mit der Realität und der Notwendigkeit zur Vereinheitlichung zu schwierig und zu schmerzhaft geworden ist und aufgegeben worden ist."

Hoimar von Ditfurth beschrieb in seinem Buch: Der Geist fiel nicht vom Himmel - Die Evolution unseres Bewusstseins die Schizophrenie u.a. so:
"Den Kern einer schizophrenen Störung bildet eine ganz andere Art der Abweichung vom Normalen, als ihr Name es anzudeuten scheint. Von einer
"Beziehungssetzung ohne Anlass" hat man gesprochen. So vielfältig und äußerlich zum Teil sogar gegensätzlich die Störungen sein mögen, die der Psychiater unter dem Oberbegriff "Schizophrenie" zusammenfasst, ihnen allen gemeinsam ist eine sehr eigentümliche, sehr charakteristische Störung des Verhältnisses zur Umwelt. Die einen Patienten halluzinieren, andere nicht. Manche sind unruhig und erregt, andere ganz im Gegenteil wortlos erstarrt. Immer dann jedoch, wenn es gelingt, von ihnen zu erfahren, was sie erleben, zeigt es sich, dass die Welt für sie eine gänzlich neue, eine auf unheimliche Weise veränderte Bedeutung angenommen hat."...."Es fällt den Patienten bezeichnenderweise schwer, die Veränderung zu beschreiben, denn diese ist nicht sichtbar. Es sieht alles noch so aus wie früher. Und doch hat alles sich auf unheimliche Weise verändert Es hat eine andere, eine unmittelbar auf den Patienten zielende Bedeutung angenommen, die sich nicht greifen lässt. Plötzlich erscheint alles bedrohlich, beziehungsvoll: ein Flugzeug am fernen Himmel, ein halb geöffneter Fensterflügel, die zufällige Geste eines Passanten. Gerade im Anfang der Erkrankung schildern einem die Patienten derartige Belanglosigkeiten in allen Details mit einer Erschütterung und Angst, die zu der (für uns!) absoluten Banalität ihrer Berichte in einem bezeichnenden Gegensatz steht."...."Betroffen von dieser so schwer zu beschreibenden und von Gesunden offenbar kaum nachzuerlebenden Veränderung sind auch die Gesichter der Mitmenschen. Sie erscheinen als "Masken", deren wirklichen Ausdruck der Patient mit einem Male nicht mehr versteht. Fremde Gesichter werden bedeutungsvoll, scheinbar bekannt, fremde Menschen scheinen dem Erkrankten mimisch Zeichen geben zu wollen, an deren Sinn verzweifelt herumgerätselt wird. Nichts gibt es schließlich mehr, was
nicht auf den Patienten gemünzt wäre, auf ihn abzielte, ihn in irgendeiner (meist bedrohlichen) Weise "meinte"."

Die Ursachen einer Schizophrenie sind viel diskutiert, aber weiterhin nicht geklärt. Ursächlich angenommen werden grundlegende Kombinationen biographisch-psychischer, hirnorganischer, sozialer, genetischer und weiterer Einflüsse. Meist entwickelt sich eine Schizophrenie zwischen der Pubertät und dem 30. Lebensjahr.

Unterschieden werden aktuell u.a. die folgenden Schizophrenie-Formen:
Paranoide Schizophrenie - wahnhafte Denkstörung, u.a. Stimmenhören, Gefühl des Gedankenentzuges oder der externen Gedankeneingabe.

Katatone Schizophrenie - Auftreten psychomotorischer Störungen, Wechsel zwischen Erregung und Bewegungsarmut bis zur Bewegungslosigkeit (Stupor / Katatone Starre)

Schizoaffektive Störungen - Schizophrenie in Kombination mit einer manisch-depressiven Symptomatik, charakterisiert durch erhebliche Stimmungsschwankungen.

Schizophrenia simplex - schleichende, sich über lange Zeit entwickelnde Symptomatik.
Schizophrenes Residuum - im Anschluss an eine schizophrene Episode Entwicklung einer Depression.

Hebephrene Schizophrenie (betrifft Jugendliche und junge Erwachsene) - Denkstörung mit zerfahrenen Gedankeninhalten, Antriebsschwäche, depressiver Symptomatik. Wahnvorstellungen und Halluzinationen können vorübergehend und bruchstückhaft auftreten. Die Betroffenen isolieren sich häufig von Ihrer Umwelt, ihr Verhalten kann unvorhersehbar sein. Im Falle einer schnellen und fortschreitenden Entwicklung der Gefühlsstörung und zunehmendem Antriebsverlust, kann sich die Therapie der Erkrankung schwierig gestalten. Therapie und Prognose sind immer abhängig vom individuellen Befund. Karl

Therapeutische Interventionen erfolgen medikamentös (Neuroleptika), mittels Psychotherapie (Verhaltenstherapie, selten psychoanalytische Verfahren), Ergo-, Gruppen- und Soziotherapie, in Abhängigkeit der Symptomatik stationär, oder ambulant. Sehr wichtig ist die Einbeziehung der Angehörigen möglichst im Rahmen einer Angehörigengruppe. Die Prognose der Erkrankung ist abhängig vom Zeitpunkt des Krankheitsbeginnes, der Krankheitssymptomatik und der Qualität der therapeutischen und rehabilitativen Bemühungen. Eine grobe Einschätzung sagt ein Drittel der Ersterkrankungen heile aus, ein Drittel könne mit Beeinträchtigungen im privaten und beruflichen Bereich leben, ein Drittel der Betroffenen benötige eine langfristige Betreuung. Insbesondere bei den letzten beiden Dritteln wird Ihr Einsatzgebiet liegen. Dieses besitzt enorme Bedeutung, denn insbesondere in der Nachsorge von Patienten mit psychotischen Erkrankungen klaffen häufig noch große Löcher zwischen Anspruch und Wirklichkeit, stoßen die Betroffenen - nicht selten gerade aus der behüteten stationären Therapie, oder Wohngemeinschaft entlassen - oftmals auf eine Wand auf Unverständnis, Angst seitens der "gesunden Umwelt". Nicht zuletzt eine berufliche Rehabilitation scheitert häufig an den Ansprüchen an die reine Funktionalität der Mitarbeiter.

Wenn Sie an weiteren Informationen interessiert sind, können Sie sich z.B. an eine Selbsthilfegruppe, und/oder eine Angehörigengruppe der nächstgelegenen psychiatrischen Klinik wenden. Weitere Informationen finden Sie beispielsweise auch unter http://www.neuro24.de/schizophrenie.htm.

Soviel zum Kurz-Ritt durch die Schizophrenie.

Alles Gute wünscht
Ihr Cyberdoktor-Team

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