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Allgemeinmedizin

Behandlungsfehler - Kunstfehler

von lise , 28.12.99 22:19
Liebes Team,

ich vermute, dass bei einer an mir vorgenommenen Operation gepfuscht wurde, wie kann ich nun vorgehen?

LG
Lise

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Re: Behandlungsfehler - Kunstfehler

von Cyberdoktor , 29.12.99 00:32
Liebe Lise,

"ich vermute, dass bei einer an mir vorgenommenen Operation gepfuscht wurde, wie kann ich nun vorgehen?"
Wenn wirklich ein Fehler im Sinne von Pfusch vorliegt, sind Ihre Rechte gut geschützt. Vorab muss man aber sagen, dass es keinen Rechtsanspruch auf einen ärztlichen Behandlungserfolg gibt, d.h. wenn der Arzt korrekt vorgegeangen ist, aber einfach in seinen Bemühungen erfolglos blieb, können Sie ihn dafür nicht haftbar machen.

Grundlage des Arzt-Patientenverhältnisses ist der Behandlungsvertrag. In diesem Rahmen ist der Arzt nach den Paragrafen 823, 611, 278 BGB für aus der Behandlung resultierende Schäden haftbar.

Grundsätzlich ist es Aufgabe des Arztes, seine Patienten nach den anerkannten Regeln der medizinischen Wissenschaft, auf dem Boden des aktuell gültigen medizinischen Standards zu behandeln. Einem Behandlungsfehler geht ein Verstoß gegen diese Regeln voraus. Festgelegt sind die Grundsätze des ärztlichen Handelns u.a. in den Berufsordnungen der einzelnen Bundesländer.

Beispielhaft als Behandlungsfehler können gelten:

- Eine nicht ausreichende, bzw. zu späte Patientenaufklärung

- Fehlende Patienteneinwilligung

- Falsche Therapiewahl (ausserhalb der medizinischen Standards)

- Diagnosefehler (Nichterkennen einer offensichtlichen Behandlungsnotwendigkeit)

- Verwechslung oder Überdosierung von Therapeutika (z.B. Medikamente, Strahlentherapie)

- Falsche Applikation vom Medikamenten (z.B. versehentliche arterielle Injektion)

- Im Rahmen von operativen Eingriffen zurückgebliebene Fremdkörper

- Durch Seitenverwechslung bedingte Fehloperationen

Um Ansprüche angesichts eines ärztlichen Behandlungsfehlers geltend machen zu können, muss zwischen Patient und Arzt ein Behandlungsvertrag zustande gekommen sein. Außerdem muss dem Anspruchsteller ein gesundheitlicher und/oder materieller Schaden entstanden sein, der wiederum auf den vom Arzt verschuldeten Behandlungsfehler zurückzuführen sein muss.

Im Falle eines von Seiten des Patienten vermuteten ärztlichen Behandlungsfehlers , sollte zunächst ein Gespräch mit dem behandelnden Arzt gesucht werden, um mögliche Missverständnisse beseitigen zu können. Sollte ein Gespräch keine Klärung erbringen, erscheinen, unter der Berücksichtigung der Tatsache, dass nach geltender Rechtsprechung im allgemeinen der Patient den Nachweis eines ärztlichen Behandlungsfehlers erbringen muss, die folgenden Maßnahmen ratsam:

- Den Behandlungsablauf schriftlich fixieren.

- Aufzeichnung von Namen und Adressen aller beteiligten Personen (Ärzte, Zeugen, Therapeuten).

- Patientenakte inklusive Patientenkurve, Einverständniserklärungen, Laborwerte etc. einsehen und kopieren. In diesem Rahmen zu empfehlen ist eine Bescheinigung des Verantwortlichen (Arzt/Krankenhausverwaltung) über die Vollsständigkeit der vorgelegten Unterlagen.

- Alle Rechnungen und Belege über selbst finanzierte Gesundheitsmaßnahmen aufbewahren. Anlaufstellen

Die Ärztekammern haben zur Klärung patientenseitig vermuteter Behandlungsfehler Schlichtungsstellen und Gutachterkommissionen eingerichtet. 1998 wurden an diese über 9 000 Anträge gerichtet. In vielen Fällen können durch die Schlichtungstellen anhängige Streitverfahren beendet werden.

Hier die Links der jeweiligen Landesärztekammern:

Landesärztekammer Baden-Württemberg
Bayerische Landesärztekammer
Ärztekammer Berlin
Landesärztekammer Brandenburg
Ärztekammer Bremen
Ärztekammer Hamburg
Landesärztekammer Hessen
Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern
Ärztekammer Niedersachsen
Landesärztekammer Rheinland-Pfalz
Ärztekammer des Saarlandes
Sächsische Landesärztekammer
Ärztekammer des Saarlandes
Sächsische Landesärztekammer
Ärztekammer Sachsen-Anhalt
Ärztekammer Schleswig-Holstein
Landesärztekammer Thüringen
Ärztekammer Westfalen-Lippe

Bei der überwiegenden Anzahl der Schlichtungsverfahren sind die operativen Fächer betroffen. Im Bereich der nichtoperativen Fächer werden am häufigsten Injektionen, invasive Diagnostik- und Interventionsmaßnahmen (z.B. Ballondilatation von verengten Herzkranzarterien) aber auch die nichtinvasive Diagnostik kritisiert. In etwa einem Drittel der Schlichtungsverfahren werden die Ansprüche der Patientenseite als begründet gesehen. Dies bedeutet, dass von der Schlichtungsstelle schuldhafte/vermeidbare ärztliche Fehler festgestellt werden, die als Ursache von Körperschäden anzusehen sind.

In diesen Fällen wird der Versicherung des verantwortlichen Arztes angeraten, den entstandenen Schaden, soweit dies möglich ist, finanziell zu regulieren. Die von den Schlichtungsstellen und Gutachterkommissionen getroffenen Entscheidungen werden in nahezu allen Fällen von den zuständigen Versicherungen der Ärzte und Krankenhäuser anerkannt, ein Rechtsstreit wird hierdurch vermieden. Anzahl und Schweregrad der in den zurückliegenden Verfahren anerkannten ärztlichen, bzw. durch medizinisches Personal entstandenen Schäden sind nicht unerheblich.

Ein Prüfverfahren vor der Schlichtungsstelle ist für den Antragsteller kostenfrei. Von der Schlichtungsstelle werden - für den Antragsteller ebenfalls kostenfrei - erforderliche Gutachten eingeholt. Die Krankenkassen sind bei den Gutachter- und Schlichtungsstellen nicht antragsberechtigt. Daher muss ein entprechender Antrag vom Betroffenen, oder einer von ihm bevollmächtigten Person, an die Gutachter- und Schlichtungsstellen der zuständigen Ärztekammer gerichtet werden. Das Recht auf die Einleitung einer Schadenersatzklage wird durch die Inanspruchnahme einer Schlichtungsstelle nicht berührt. Dies bedeutet, dass auch im Falle eines abschlägigen Bescheides seitens der Schlichtungsstelle weiterhin der Klageweg beschritten werden kann. Die in einem solchen Fall entstehenden Anwalts- und Gerichtskosten werden in den meisten Fällen von einer Rechtsschutzversicherung getragen.

Bei einem Verdacht auf schwerwiegende Behandlungsfehler besteht die Möglichkeit bei der Staatsanwaltschaft eine Strafanzeige zu erstatten. Von Seite des Staatsanwaltes geprüft wird eine strafrechtliche Verantwortung des beklagten Arztes / der beklagten Einrichtung. Notwendige Ermittlungen, ggf. die Beauftragung von weiteren Gutachten werden von der zuständigen Staatsanwaltschaft eingeleitet.

Bedacht werden sollte im Falle der beabsichtigten Einleitung einer Strafanzeige, dass diese eine Verschärfung des Konfliktes mit zu erwartender Konsequenz eines länger währenden Verfahrens und damit einer möglicherweise verzögerten Schadensregulierung beinhaltet.

Materielle Schadensersatzansprüche aus Behandlungsfehlern (z.B. Verdienstausfall) verjähren nach § 195 BGB mit Ablauf von 30 Jahren. Sogenannte immaterielle Ansprüche (z.B. Schmerzensgeld) verjähren nach § 825 BGB mit Ablauf von 3 Jahren. Zu beachten ist, dass die Verjährungsfrist im Hinblick auf die immateriellen Schadensersatzansprüche erst, wenn der Behandlungsfehler und sein Verursacher dem Geschädigten bekannt wurde, beginnt.

Die Wahl des richtigen Vorgehens im Falle eines vermuteten Behandlungsfehlers ist gut zu überlegen. Empfehlenswert ist eine vorangehende Beratung durch einen Mitarbeiter der zuständigen Krankenkasse, gegebenenfalls auch eine Rechtsberatung. Diesbezüglich besteht das Angebot einzelner Krankenkassen durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) vor einer Einleitung weiterer Schritte zunächst ein kostenfreies medizinisches Gutachten erstellen zu lassen. Vorausgesetzt wird allerdings, dass dem MDK die erforderlichen ärztlichen Dokumentationen vorgelegt werden können.

Bei einer patientenseitig bestehenden Unzufriedenheit mit der ärztlichen / medizinischen, bzw. der Krankenhausbetreuung, ohne direkte Vermutung eines Behandlungsfehlers, besteht die Möglichkeit einer Information der zuständigen Ärztekammer, des Krankenhausträgers und der Krankenkasse. Das verantwortliche, bzw. das den Unmut des Patienten erregende Personal wird dann zu einer Stellungnahme aufgefordert. Dieser Weg ist keinesfalls Ausdruck einer gegen die Ärzteschaft oder Pflegepersonal gerichteten Opposition. Dieses arbeitet insbesondere in den Krankenhauseinrichtungen, bedingt durch Personalmangel und häufiger Mißachtung geltenden Rechts durch die Krankenhausträger, oftmals an der Grenze der Leistungsfähigkeit. Die Einhaltung bestehender gesetzlicher Vorgaben zur Arbeitszeit (Arbeitszeitgesetz) findet weder bei Krankenhausträgern, noch bei den zuständigen Kontrollinstanzen wesentlichen Rückhalt. Eine Veröffentlichung offensichtlicher Mißstände steht daher auch in gegenseitigem Interesse.

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Behandlungsfehler: Haftung nach Tod des Arztes

von Unbekannt , 19.12.10 14:26
Hallo,

recherchierer gerdae im Netz und bin dann auf diesen Text gestoßen. Jetzt würde mich natürlich interessieren wie das genau zu verstehen ist ...und der Arzt muss haften

ist geanu definiert, wo ein Implanon wie gelegt sein muss? Meine FA hat mir erklärt, wenn der Stab richitg gelegt ist habe ich eine Schutz Was heißt richtig gelegt?

Behandlungsvertrag? Ich hatte einen Termin zum Entfernen des 1. Implanons und gleichzeitig zum Legen des neuen Implanons. Ich habe eine Rechnung und einen Implanonausweis mit Chargen.Nr. und Datum. Ist das ein Behandlungsvertrag?

Schaden? nicht geplante Schwangerschaft, einen verschnippeleten Oberarm durch 2 OPs. hätten sie mir dazu einen Link oder eine Adresse?

was ist wenn der Arzt verstirbt?

Von der Schlichtungsstelle werden - für den Antragsteller ebenfalls kostenfrei - erforderliche Gutachten eingeholt.
wieso sagt mir die Krankenkasse nicht, dass ich diese Möglichkeit habe?

der Hersteller konnte mir durch eine Blutunteruschung bestätigen, dass kein Implanon gelegt wurde. Sonographie und MRT haben ebenfalls kein Implanon im Oberarm belegen können. 2 OPs konnten ein Implanon auch nicht ausfindig machen. Meine Krankenkasse wollte mir ein Gutachten erstellen. Diese hat nun ein dreiviertel Jahr damit verbracht von allen beteiligten Ärzten die Unterlagen einzufordern in der Zwischenzeit ist der Arzt verstorben)um mir dann zu sagen, dass es aufgrund dieser Situation keine Sinn macht den Fall weiter zu durchleuchten und hoffen auf mein Verständnis. Da fehlen einem doch die Worte ????
Meine Schwangerschaft endete mit einer Fehlgeburt, meine eigene psyhische und seelische Verfassung kann ich nicht beschreiben und die Lust auf Sex ist immer mit Angst verbunden und macht mein Beziehungsleben nicht wirklich glücklich. Und die Situation, gegen Ärzteschlamperei machtlos zu sein ist mir unbegreiflich. Es wäre schön, wenn sie mir wieter helfen können.

Schöne Grüße C.

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Re: Behandlungsfehler: Haftung nach Tod des Arztes

von Cyberdoktor , 19.12.10 16:40
Hallo,

"ist geanu definiert, wo ein Implanon wie gelegt sein muss?"
ja, in den entsprechenden Hersteller-Fachinformationen. Dort wird der Zeitpunkt (Zyklustag 1-5) und Ort (Innenseite weniger beanspruchter Oberarm, dort unmittelbar unter der Haut, d.h. subkutan) genau definiert.

"Meine FA hat mir erklärt, wenn der Stab richitg gelegt ist habe ich eine Schutz"
stimmt, dann bleibt nur noch das minimale Restrisiko, dass bei allen Verhütungsmitteln besteht.

"Behandlungsvertrag? Ich hatte einen Termin zum Entfernen des 1. Implanons und gleichzeitig zum Legen des neuen Implanons. Ich habe eine Rechnung und einen Implanonausweis mit Chargen.Nr. und Datum. Ist das ein Behandlungsvertrag?"
ein Vertrag zwischen Arzt und Patient kann in der Tat auch per Arztbesuch mit Gespräch zustande kommen, es muss also kein Papiervertrag unterschrieben werden.

"Schaden? nicht geplante Schwangerschaft, einen verschnippeleten Oberarm durch 2 Ops."
das sind Schäden.

"Die Ärztekammern haben zur Klärung patientenseitig vermuteter Behandlungsfehler Schlichtungsstellen und Gutachterkommissionen eingerichtet. hätten sie mir dazu einen Link oder eine Adresse?"
einfach die zuständige Landesärztekammer ansprechen, Linkliste siehe Beitrag oben.

"was ist wenn der Arzt verstirbt?"
die Akten müssen über Jahre aufbewahrt werden (von Erben oder Ärztekammer), Behandlungsfehler können in der Regel also auch noch nach dem Tod des Arztes verfolgt werden (und die Versicherung müsste wohl auch zahlen, das ist aber eine Frage, die im Zeinzelfall mit einem Anwalte geklärt werden muss).

"wieso sagt mir die Krankenkasse nicht, dass ich diese Möglichkeit habe?"
evt. wusste das Ihr Sachbearbeiter nicht.

"der Hersteller konnte mir durch eine Blutunteruschung bestätigen, dass kein Implanon gelegt wurde. Sonographie und MRT haben ebenfalls kein Implanon im Oberarm belegen können. 2 Ops konnten ein Implanon auch nicht ausfindig machen."
es ist in Einzelfällen vorstellbar, dass der Arzt das Implanon gar nicht (z.B. unbemerkt auf Boden gefallen), oder zu oberflächlich (mit Ausstossung) eingelegt hat.

"Meine Krankenkasse wollte mir ein Gutachten erstellen. Diese hat nun ein dreiviertel Jahr damit verbracht von allen beteiligten Ärzten die Unterlagen einzufordern in der Zwischenzeit ist der Arzt verstorben)um mir dann zu sagen, dass es aufgrund dieser Situation keine Sinn macht den Fall weiter zu durchleuchten"
diese Aussage ist falsch. Lassen Sie sich von einem Anwalt mit Schwerpunkt Patientenrecht beraten, in der Regel haben Ärzte eine Berufshaftpflicht mit Nachhaftungsversicherung, d.h. auch nach Aufgabe der beruflichen Tätigkeit oder dem Tod des Versicherungsnehmers sind vom Arzt verursachte Schäden versichert.

"Und die Situation, gegen Ärzteschlamperei machtlos zu sein ist mir unbegreiflich."
Sie sind nicht machtlos. Es wäre schön, wenn Sie uns bei Gelegenheit über den weiteren Verlauf berichten würden.

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