Lieber Leidensgenosse,
aufgrund meines Berufes, weiß ich leider mehr als nur flüchtig, wie stark sich Stress auf den Körper auswirken kann. Ich bin Polizeibeamter und muss in diesem Zusammenhang mit sehr vielen belastenden Faktoren fertig werden. Dazu gehören der körperlich sehr anstrengende Schichtdienst, der psychische Druck in Form ständig vorhandener Aggression gegen diese Berufsgruppe und das ständig ignorierte Rufen von Urinstinkten. Wenn alle weglaufen, läuft der Polizist hin, um nachzuschauen, ob auch alles okay ist. Dies trifft natürlich auch auf Schlägereien, Brände oder Gewaltverbrechen zu ...
Zuerst hatte ich versteckte Beschwerden wie ständige Infektionen. Danach wurde das Schlafen schwierig. Schließlich stellten sich "Phantomschmerzen" ein. Ganz typisch ist der Schmerz unterhalb des Rippenbogens und in der linken Brust. Zu guter letzt stiegen der Blutdruck und die Herzfrequenz anfallsweise und schließlich chronisch an. Nach langer Krankheit und vielen ärztlichen Untersuchungen stellte ich fest, dass ich eine kaum beschreibbare Angst hatte, dass mein Leben jeden Moment zu Ende sein könnte. Kein Arzt konnte auch nur ansatzweise etwas finden, das lebensbedrohlich wäre.
Nach nunmehr zwei Jahren tritt eine Art Resignation ein. Ich treibe endlich wieder Sport (vor allem Ausdauer und Bodyforming, da ich durch das dauernde Schonen ganz schön aus der Form geraten bin). Dabei habe ich festgestellt, dass mein Puls regelmäßig während des Sportes entgleist und an die körperliche Leistungsgrenze von ca. 190 Schlägen (ich bin 29 Jahre) geht. Kardiologisch wurde das abgeklärt. Der Blutdruck ist dabei normal, sogar gut. Der Puls normalisiert sich nach einiger Zeit wieder.
Als sehr alarmierend emfpinde ich, dass der Puls während des Trainings, bei gleichbleibender Belastung, deutlich (teilweise 20 Schläge) runtergeht, wenn ich abgelenkt bin. Das kann beim Cardiotraining durch ein angeregtes Gespräch oder einen spannenden Beitrag im Fernsehen sein.
Was ich daraus gelernt habe ist folgendes: der Körper weiß schon was er da tut. Man muss sich genügend Ruhe gönnen. Das vor allem bewusst. Wenn man Zeit hat, sollte man keinen Stress produzieren, weil man noch irgendwas tun muss sondern auch einfach mal ganz bewusst die Stille genießen und ein Buch lesen oder einfach nur rumliegen. Sehr sehr wichtig ist es auch, nicht ständig in sich hineinzuhorchen. Das ist genauso schlimm, wie wirklich krank zu sein, weil man dabei die Symptome einer Krankheit selbst verursachen kann, wie ich bei meinem Puls beobachtete!
Ich glaube, auf einem sehr guten Weg zu sein und wünsche allen, die an einer solchen Angsterkrankung leiden, denn nichts anderes ist es, dass sie die Ursache dafür und somit die Krankheit selbst beseitigen können!
Gruß
Jürgen
PS: Darauf, dass es sich um Angst handeln könnte, brachte mich übrigens ein Bereitschaftsarzt, den ich bei einer Attacke hohen Blutdrucks und Pulses aufsuchte. Er war Kinderarzt und als erster in der Lage, hinter meine beruflich erlernte ruhige Kulisse zu schauen! Vielleicht sind Kinderärzte auf der Spur des eigentlichen Problems, dass sie die Ursache und nicht die Symptome suchen!
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