Start
>
Foren
>
Allgemeinmedizin

Madenwurmbefall: bei Mehrfachtherapie keine besonderen Hygienemaßnahmen?

von Unbekannt , 07.01.13 12:58
Sehr geehrter Cyberdoktor,
in unserer Familie (2 Erw., 3 Kinder) haben wir Madenwurmbefall festgestellt. Nach Besuch des Hausarztes haben wir alle Vermox verschrieben bekommen, das wir jetzt mit je 1 Tablette einnehmen werden, Wiederholung nach 3 und 6 Wochen. Vor ein paar Jahren hatte unsere Tochter Kopfläuse und hier ist das Chaos ausgebrochen wegen der vermeintlich erforderlichen Reinigungs- und Hygienemaßnahmen um dann im Nachhinein zu erfahren, dass wir uns das auch hätten sparen können. Wirklich wichtig waren nur die konsequenten und sorgfältigen Wiederholungsbehandlungen um nachwachsene Generationen aus nicht abgetöteten Eiern vor Erreichen der Geschlechtsreife zu bekämpfen. Den Rest hat die Zeit erledigt durch Absterben der restlichen ungeschlüpften Eier. Vermehrungsfähige Kopfläuse findet man nur auf dem Kopf und da wurden sie bekämpft, nicht im Haushalt. Diese Erfahrung hat mich gelehrt, Hygieneempfehlungen kritisch zu hinterfragen. Wenn ich mich mit Madenwurmbekämpfung beschäftige, komme ich zwangsläufig auf den Gedanken, dass ein Haushalt ohne Hygienemaßnahmen genauso wurm(ei)frei wird wie mit. Bei der ersten Behandlung werden alle Würmer und Larven im Körper abgetötet. Ab diesem Zeitpunkt werden keine Eier mehr abgelegt. Ohne Hygienemaßnahmen ist eine Reinfektion aus bereits vorhandenen Eiern in der Umgebung⁄am Körper wahrscheinlich, mit Hygienemaßnahmen aber auch nicht auszuschließen. Bei der Wiederholungsbehandlung nach drei Wochen werden alle Würmer der Reinfektion abgetötet bevor sie wieder frische Eier ablegen können (denn erst nach 5 Wochen sind sie geschlechtsreif). Die Reinfektion verläuft soweit symtomfrei, da die Würmer erst zur Eiablage den Körper verlassen. Die 2te Wiederholungsbehandlung erfogt nach demselben Schema, nur zur Sicherheit, falls unverhoffter Weise doch Eier länger als 3 Wochen überlebt haben sollten. Da das Medikament ziemlich nebenwirkungsarm ist, kann man sich das leisten. Nach dieser Behandlung ist der Körper wurmfrei und die Umgebung eifrei, eine weitere Reinfektion aus eigenem Haushalt ausgeschlossen, und zwar auch ohne Hygienemaßnahmen. Eine kurze Reinfektion nach der Erstbehandlung nehmen wir dann gern in Kauf, da der Wurmbefall an sich ungefährlich ist und mit dem Wurmmittel in der Wiederholungsbehandlung zuverlässig bekämpft wird, zudem auch keine Symptome bis zur Wiederholungsbehandlung zu erwarten sind. In Frage gestellt würde der Erfolg nur durch unsicher wirkende Medikamente. Zukünftig werden wir unsere Kinder zu verbesserter Handhygiene anhalten, um die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Einschleppung zu reduzieren. Und wenn sie wieder kommen, dann ist das eben so, auch kein Beinbruch, genausowenig wie bei Kopfläusen. Das Schlimmste an beiden wären die vermeintlich notwendigen zusätzlichen Hygienemaßnahmen während der Behandlung, die wir uns allerdings auch zukünftig ersparen werden. Nur meine bescheidene Meinung

Antwort schreiben

Re: Hygienemaßnahmen

von Cyberdoktor , 11.01.13 11:33
Hallo,

"mit je 1 Tablette einnehmen werden, Wiederholung nach 3 und 6 Wochen."
korrekte Vorgehensweise.

"Diese Erfahrung hat mich gelehrt, Hygieneempfehlungen kritisch zu hinterfragen."
eine kritische Sichtweise ist stets angemessen, allerdings sind Madenwürmer wirklich hartnäckige Gesellen, wenn Sie durch den Themenblock Würmer bei Kindern (häufige Fragen) surfen, werden Sie viele Beiträge verzweifelter Patienten bzw. Eltern finden, die über Rückfälle berichten.

"Wenn ich mich mit Madenwurmbekämpfung beschäftige, komme ich zwangsläufig auf den Gedanken, dass ein Haushalt ohne Hygienemaßnahmen genauso wurm(ei)frei wird wie mit."
wenn Sie den Wurmbefall als nicht so dramatisch empfinden, könnten Sie durchaus zunächst eine entspanntere Vorgehensweise probieren und dann erst bei einem Rückfall die strikte Hygiene einhalten. Sie haben die Wahl. In der Praxis sind die Würmer aber recht häufig nur mit der Strategie Wurmkur und strenge Hygiene auszumerzen, dementsprechend rät auch die Fachliteratur zu umfangreichen Hygienemassnahmen ( Norbert Suttorp 2004, Infektionskrankheiten, Seite 257 ).

"Eine kurze Reinfektion nach der Erstbehandlung nehmen wir dann gern in Kauf, da der Wurmbefall an sich ungefährlich ist"
ist in der Regel in der Tat ungefährlich, viele Patienten empfinden bei einem Wurmbefall aber recht grossen Ekel und wollen Rückfälle unbedingt vermeiden, siehe oben im Themenblock.

"Zukünftig werden wir unsere Kinder zu verbesserter Handhygiene anhalten, um die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Einschleppung zu reduzieren."
so kann man auch diversen anderen Krankheitserregern das Leben schwer machen.

"Und wenn sie wieder kommen, dann ist das eben so, auch kein Beinbruch"
aus ärztlicher Sicht ist die Infektion normalerweise harmlos.

Haben wir Ihnen geholfen? Dann empfehlen Sie uns bitte weiter:
  • twitter
  • facebook
  • facebook

Beste Grüsse

Ihr Cyberdoktor-Team

Antwort schreiben

keine besonderen Hygienemaßnahmen bei Madenwurmbefall?

von Unbekannt , 15.01.13 19:26
"dementsprechend rät auch die Fachliteratur zu umfangreichen Hygienemassnahmen"

Nicht immer
Ich möchte mir erlauben auf diese Fachliteratur hinzuweisen:

Familienbehandlung mit Albendazol (Zentel®) bei chronisch-rezidivierendem Enterobius vermicularis-Befall des Erwachsenen (St. Schubert, Mitt. Österr. Ges. Tropenmed. Parasitol. 13(1991) 191 - 198)

Zitat: Weiterhin sind offenbar nicht einmal mehr besondere Hygienemaßnahmen erforderlich... Und hierbei ging es speziell um die 3 hartnäckigsten von 18 jahrzehntelangen Erkrankungen.

Der Verfasser des vorhergehenden Beitrags

Antwort schreiben

Re: keine besonderen Hygienemaßnahmen bei Madenwurmbefall?

von Cyberdoktor , 16.01.13 10:34
Hallo,

"Ich möchte mir erlauben auf diese Fachliteratur hinzuweisen... Weiterhin sind offenbar nicht einmal mehr besondere Hygienemaßnahmen erforderlich..."
danke für den interessanten Literaturlink.

Die genannte Studie stellt die These auf, dass die in geeigneten Abständen vorgenommene mehrfache Verabreichung eines Mittels gegen Würmer erneute Infektionen durch von den Patienten in die häusliche Umgebung abgegebene Wurmeier stoppt. Der Infektionszyklus soll unterbrochen werden, da nach Beginn der Therapie keine Würmer mehr geschlechtsreif werden können und somit kein Ei-Nachschub erfolgen sollte.

Berücksichtigt man den Madenwurm-Entwicklungsverlauf und die Überlebenszeit von Wurmeiern, ist das durchaus ein plausibler Ansatz.

Die Würmer entwickeln sich gemäss der Standard-Literatur in ca. 5-7 Wochen aus einem Ei zum geschlechtsreifen Wurm. Gibt man rechtzeitig vor Erreichen der Begattungsfähigkeit ein Medikament, dass gegen alle Entwicklungsstufen der Parasiten wirkt (Eier, Larven, Würmer), sollte kein Weibchen zur Eiablage kommen. Der Einachschub wäre somit gestoppt.

Übrigens vergeht bis zu einer Eiablage sogar noch mehr Zeit als nur die reine Geschlechtsreife-Phase, da nach der Begattung das Weibchen einige zusätzliche Wochen benötigt, um die Einer bereitzustellen ( Dieter Adam, H. W. Doerr, H. Link, H. Lode 2004, Die Infektiologie, Seite 1185 ).

Wenn nun noch die Behandlung so oft wiederholt wird, dass die maximale Überlebenszeit der Umgebungs-Eier (je nach Literatur 2-5 Wochen) überschritten wird, können auch diese Alt-Eier nach drei Behandlungszyklen normalerweise keine Gefahr mehr darstellen.

In der genannten Studie hat das auch gut geklappt. Wir müssen aber anmerken, dass nur eine sehr kleine Teilnehmerzahl untersucht wurde, ausserdem ist zu bedenken, dass kein Mittel gegen Würmer eine hundertprozentige Wirksamkeit hat. Eine komplette Aufhebung der in der Standard-Fachliteratur gegebenen Empfehlungen zur Hygiene erlaubt diese Einzelstudie daher noch nicht. Der Autor der Studie verwendet bei seiner Analyse auch eher vorsichtige Formulierungen. Normalerweise wäre eine grösser angelegte Forschungsarbeit mit entsprechendem Studiendesign wünschenswert.

Da die Grundidee der Studie aber wie gesagt völlig plausibel ist und Therapieversager bei Antiwurmmitteln selten sind, werden wir Ihren Beitrag zum Anlass nehmen, unsere ausführlichen Beiträge oben im Themenblock zu überarbeiten. In Zukunft wird auch auf die Möglichkeit verwiesen, dass Betroffnene, die ein vermutlich eher kleines Rückfallrisiko akzeptieren können, sich nach Absprache mit dem Arzt bei Gabe eines geeigneten Mittels und Einhaltung des Therapieplans dazu entschliessen können, auf strikte Hygienemassnahme zu verzichten. Für Patienten, die Restrisiken unbedingt minimieren wollen (z.B. bei grosser Wurmangst), gilt aber weiter die Hygieneempfehlung.

Haben wir Ihnen geholfen? Dann empfehlen Sie uns bitte weiter:
  • twitter
  • facebook
  • facebook

Beste Grüsse

Ihr Cyberdoktor-Team

Antwort schreiben