Start
>
Foren
>
Reisemedizin

Hitze

von Tisc , 16.12.02 23:34
Hallo Doc!

Ich habe die Möglichkeit im Sommer einige Monate in Indien zu verbringen. Allerdings habe ich des Klimas wegen Bedenken. Es gibt dort Temperaturen von 40-45°C und es ist feucht heiß. Ich habe ohnehin schon einen niedrigen Blutdruck und nicht so stabilen Kreislauf und somit bei sehr hohen Temperaturen und hoher Luftfeuchtigkeit, schon in Deutschland, hin und wieder Kreislaufprobleme. Was kann ich tun um mich auf ein solches Klima vorzubereiten? Gibt es unterstützende Medikamente? Oder sollte ich Indien generell dann besser meiden?

Antwort schreiben

Re: Hitze

von Cyberdoktor , 17.12.02 06:17
Liebe/r Cyberdoktor-Nutzer/in,

die hierzulande gebräuchliche medizinische Definition des niedrigen Blutdruckes (Arterielle Hypotonie) bezieht sich zunächst rein theoretisch auf die Höhe des arteriellen Blutdrucks: oberer Blutdruckwert (systolischer Druck) bei der Frau unter 100 mmHg, beim Mann unter 110 mmHg, unterer Blutdruckwert (diastolischer Druck) bei Beiden unter 60 mmHg (Blutdruckmessung in Ruhe).

Sinn macht die Diagnostik einer Hypotonie aber nur, wenn mit niedrigen Blutdruckwerten eine klinische Symptomatik, wie z.B. die von Ihnen geschilderte Beschwerdeesymptomatik, bis hin zur Kollapsneigung verbunden sind. Die isolierte Diagnose einer "arteriellen Hypotonie" macht daher keinen Sinn.

Ein niedriger Blutdruck hat in aller Regel keinen wesentlichen Krankheitswert und ist medikamentös nicht therapiebedürftig. Ein Therapienutzen besteht insbesondere für Apotheker und die Pharmaindustrie. Meist ist ein niedriger Blutdruck konstitutionell bedingt. Für Herz und Gefäße ist er willkommen und hat einen eher präventiven Charakter.

Unterschieden werden muss eine konstitutionelle Hypotonie (gleichbedeutend mit essentieller oder primärer Hypotonie) von symptomatischen Formen des niedrigen Blutdruckes, als Folge ursächlich vorliegender Erkrankungen, z.B. Infekte, Blutarmut, Herzschwäche, Herzinfarkt, Stoffwechselerkrankungen, Gefässmissbildungen etc..

Als dritte Form beschrieben wird die orthostatische Hypotonie - Ausdruck einer gestörten Gefäßregulation. Auffällig beim Lagewechsel, insbesondere Wechsel der Haltung vom Liegen zum Stehen, bei ursächlichem "Versacken" des Blutes, entsprechend der Schwerkraftverhältnisse, in der unteren Körperregion. Durch eine daraus resultierende kurzfristige Minderdurchblutung des Gehirns, kann es zum Auftreten von Schwindel und dem klassischen Augenflimmern kommen. Häufig findet sich diese Ursache des niedrigen Blutdruckes bei jungen Frauen und allgemein Personen mit schlankem Körperbau sowie nach längerer Bettlägrigkeit.

Trotz alledem, ist zu einer ärztlichen Abklärung möglicher Hypotonieursachen zu raten. Mittels EKG-Diagnostik können u.a. innerhalb des Herzens vorliegende Reiz-Leitungsstörungen, als mögliche Ursache eines niedrigen Blutdruckes, ausgeschlossen werden. Ein Schellong-Test (lageabhängige Blutdruckmessung) ergibt Anhalt für ein mögliches Vorliegen einer Blutdruckregulationsstörung.

Als generelle Therapieempfehlungen mitzugeben, und diese werden sie hoffentlich schon vielfach gehört haben, sind:

- Durchführung eines Kreislauf- sprich Konditionstrainings = Sport

-Abhärtende Maßnahmen, wie z.B. Wechselduschen und Saunagänge absolvieren. Urlaube im Reizklima (z.B. Nordsee) verbringen.

- Einnahme regelmäßiger Mahlzeiten um ein Absinken des Blutzuckerspiegels auf ein zu niedriges Niveau zu verhindern. Häufiges symptomatisches Beispiel hierfür ist der bei Ambulanzärzten sehr beliebte Kollaps konstitutionell mit einem niedrigen Blutdruck versehener junger Frauen, die wiederum gerne auf die Einnahme regelmäßiger Mahlzeiten, insbesondere eines Frühstücks verzichten. Das Zusammentreffen eines niedrigen Blutdruckes mit niedrigen Blutzuckerwerten erst führt zum Auftreten einer Symptomatik. In diesem Zusammenhang eingegangen werden muss auf eine weitere potentielle Beschwerdeursache von weiblichen Hypotoniebeschwerden, ein erniedrigter Blutgehalt (Hämoglobinwert), infolge verstärkter Regelblutungen (ggf. gynäkologische Abklärung).

- Nutzung von "Naturheilmitteln" = Kaffeekonsum (ein gesundes Getränk, wenn in Maßen konsumiert), Sekt dagegen verhilft nur zu einem kurzen Hoch, gefolgt von einer Blutdrucksenkung und ist zumindest im Arbeitsalltag wenig hilfreich.
- Und, ganz unpopulär, Einhaltung regelmäßiger Lebensgewohnheiten (z.B. ausreichende und feste Schlafzeiten).

Weitere Therapiemaßnahmen können erforderlich sein beim Ausbleiben einer Besserung unter den o.a. Empfehlungen und insbesondere in Abhängigkeit vom eventuellen, aber nur seltenen, Vorliegen einer Grunderkrankung. Das Erfordernis einer medikamentösen Therapie des niedrigen Blutdruckes besteht äußerst selten.

Die Entscheidung, ob Sie sich den klimatischen Belastungen eines Indienaufenthaltes aussetzen sollen – vorausgesetzt es spricht aus ärztlicher Sicht nichts dagegen – werden Sie wohl für sich selber fällen müssen.

Alles Gute wünscht
Ihr Cyberdoktor-Team

Haben wir Ihnen geholfen? Dann empfehlen Sie uns bitte weiter:
  • twitter
  • facebook
  • facebook


Antwort schreiben