Liebe Andrea,

"Ich wurde am 20.04.2011 von einem wilden Affen in Bali in den Unterschenkel gebissen (tiefe, blutende Wunde) Am 1. und 3. Tag des Bisses Impfung mit Verorab."
korrekte Behandlung (sog. postexpositionelle Immunisierung) eines bereits vor dem Vorfall ausreichend geimpften Patienten nach Tierbiss in Risikogebiet. Es wird einfach zur Sicherheit erneut zweimal aktiv geimpft (d.h. mit einem Impfstoff, der Bestandteile abgetöteter Tollwutviren enthält). Die zusätzliche Gabe von Antikörpern gegen Tollwut (passive Immunisierung) ist nicht nötig. Siehe das Positionspapier der Weltgesundheitsorganisation ( WHO ) zum Thema Tollwutimpfung WHO 2007: "Rabies vaccines. WHO position paper." ).

"Meine Tollwutimpfgeschichte: 2006 Grundimmunisierung mit Rabipur (3 malige Impfung), Februar 2011 Auffrischung mit Rabipur . "
eine Auffrischung gemäss den Literaturempfehlungen und Herstellerinformationen. Ihr Impfschutz ist sicher.

"Durch unterschiedliche Auskünfte bin ich jetzt sehr verunsichert"
Donnerwetter, zwei Ärzte und zwei falsche Auskünfte (die vermutlich nicht mit entsprechenden Literaturquellen belegt wurden...), kein Wunder, dass Sie verunsichert sind.

"ob mein Impfschutz ausreicht (ein Arzt meinte, Verorab und Rabipur ist nicht kompatibel"
Es spricht nichts gegen postexpositionelle Immunisierung mit Verorab.

Alle Tollwut Impftoffe sind Totimpfstoffe, enthalten also abgetötete Tollwutviren. Unterscheide gibt es allenfalls bezüglich der Virusherkunft (Virusstämme)und Virusanzucht bei der Produktion.

Verorab:
inaktivierte Tollwut-Viren 2.5 I.E. (Wistar rabies PM/WI38-1503-3M Stamm).
gezüchtet auf sog. Vero-Zellen (Zell-Linie stammt ursprünglich aus Affennieren).

Tollwut-Impfstoff (HDC):
inaktivierte Tollwut-Viren (Stamm: WISTAR PM/WI 38-1503-3M), 2,5 I.E. Tollwutantigen. Gezüchtet auf humanen diploiden Zellen (HDC).

Rabipur:
Tollwutvirus (inaktiviert,Stamm Flury LEP) 2,5 I.E./ml hergestellt auf gereinigten Hühnerfibroblasten-Zellen.

All diese Impfstoffe enthalten mindestens 2,5 I.E. Tollwutantigen (die IE oder auch IU, d.h. international units messen in diesem Fall die Fähigkeit zu Auslösung einer Schutzreaktion). Der Körper hat also genug Virenbestandteile für das Training des Immunsystems.

Dementsprechend findet sich in den Rabipur-Hersteller-Fachinformationen der Hinweis, dass dieser Impfstoff zur Auffrischung nach einer Grundimmunisierung mit dem Impfstoff einen anderen Herstellers verwendet werden kann. Auch in der Verorab Fachinformation nennt der HErsteller als Voraussetzung für den Verorab-Einsatz nach Bissen lediglich, dass der Patient zuvor mit einem Zellkultur-Impfstoff mit einem Virus-Gehalt von mindestens 2.5 I.U. grundimmunisert wurde, Produktname egal. Tollwutimpfstoffe aus Zellkulturen mit gleicher Dosierung sind also sehr wohl kompatibel.

Auch die WHO verlangt bei der Impfstoffgabe nach einer Risikosituation nur ein Produkt aus der Liste der von der WHO zugelassenen Tollwutimpfstoffe (Zitat: "with vaccines fulfilling WHO requirements"), welcher Impfstoff zuvor zur Grundimmunisierung oder Auffrischung eingesetzt wurde, spielt keine Rolle ("Current WHO GUIDE for Rabies Pre and Post-exposure Treatment in Humans, WHO 2002).

"ein anderer meint, ich hätte vor der reise eine neuerliche 3-fache Grundimmunisierung machen sollen, da die erste schon 5 Jahre zurückliegt)"
eine Aussage konträr zu Fachliteratur und Herstellerinformationen. Eine Person mit Schutzbedarf gegen Tollwut wird zunächst grundimmunsiert. Alle weiteren Impfungen sind dann Auffrischungen, die das Immunsystem an die Viren "erinnern" sollen. Es "gilt für die Mehrzahl der Impfschemata,
dass es keine unzulässig großen Abstände zwischen den Impfungen gibt." (Robert Koch-Institut, Epidemiologisches Bulletin, 2. August 2010 / Nr. 30).

Der Arzt dachte evt. an die Tatsache, dass nach ca. 5 Jahren der Tollwutschutz langsam nachlässt, also bei Bedarf eine weitere Auffrischung angezeigt ist (der Hersteller sagt: "Die Erfahrung zeigt, dass Auffrischimpfungen im Allgemeinen alle 2 – 5 Jahre erforderlich sind." ). Das bedeutet aber nicht, das eine Auffrischung nach z.B. 8 Jahren nicht funktioniert, sondern einfach, dass in der Phase nach Ablauf der 5-Jahresfrist bis zur Auffrischung evt. kein Schutz besteht (nach der Auffrischung aber sehr wohl wieder).

"Ich habe jetzt wirklich Angst, etwas zu versäumen, soll ich noch weitere Rabipur-Impfungen einfordern?"
angesichts der Impfgeschichte ist gemäss der Literatur keine weitere Impfung nötig. Im Zweifel bietet sich die Beratung durch erfahrene Mediziner (Uniklinik) an.

Beste Grüsse

Ihr Cyberdoktor-Team

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