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Reisemedizin

Tollwut-Risiko ⁄ richtige Behandlung nach Kratzer durch Affe in Tahiland

von Muemmeline , 05.03.11 16:22
Guten Tag
Ich befinde mich zur Zeit auf Koh Samui in Thailand. Vor der Reise erhielt ich kurzfristig einige Schutzimpfungen (inkl. Tetanus), das war vor einer Woche. Gegen Tollwut wurde nicht geimpft.

Gestern Nachmittag (vor ca. 30 Stunden) war ich bei einer Monkey Show mit angeketteten (also vermutlich nicht wilden), dressierten Affen, die Kokosnüsse von Bäumen pflücken. Man konnte sich mit einem kleinen Affen fotografieten lassen, er saß ruhig auf meinem Arm und aß ein Blatt, klaute mir dann meine Sonnenbrille und den Hut.
Nach der Fotoaktion saß der Affe wieder auf einem Pfahl, ich schaute ihn an und beugte mich leicjt vor, da sprang er in meine Richtung und kratzte mich am Oberarm. Der Kratzer ist ca. 5 cm lang und hat minimal geblutet. Heute ist er kaum noch zu sehen

Ich war ca. 2-3 Stunden danach im Krankenhaus, wo man mir die erste von 5 Injektionen Verorab, also einen Tollwutimpfstoff verabreichte. Zusetzlich nehme ich ein 3x täglich ein Antibiotikum, 5 Tage lang.

Ich habe allerdings gelesen, dass man in solchen fällen auch Immunglobulin verabreichen MUSS, was der thailändische Arzt (internat. Krankenhaus) NICHT für nötig hielt, auch nach mehrmaligem Nachfragen.

Meine Frage ist nun, ob ein hohes Risiko für eine Tollwutinfektion besteht und ob ich vielleicht doch auf die Injektion von Immunglobulin bestehen sollte.

In 8,5 Stunden reise ich weiter nach Phuket.

Vielen Dank

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Re: Tollwut-Risiko⁄richtige Behandlung Kratzer?

von Cyberdoktor , 05.03.11 18:35
Hallo,

"Ich befinde mich zur Zeit auf Koh Samui in Thailand. Vor der Reise erhielt ich kurzfristig einige Schutzimpfungen (inkl. Tetanus), das war vor einer Woche. "
wichtige Impfung, denn für eine Tetanus-Infektion reichen bereits kleine Kratzer.

"Gegen Tollwut wurde nicht geimpft."
normalerweise (wenn keine Tierkontakte absehbar sind) auch nicht nötig.

"Gestern Nachmittag (vor ca. 30 Stunden) war ich bei einer Monkey Show mit angeketteten (also vermutlich nicht wilden), dressierten Affen, die Kokosnüsse von Bäumen pflücken. Man konnte sich mit einem kleinen Affen fotografieten lassen,"
in Entwicklungsländern sollte man Tierkontakte generell meiden.

"und beugte mich leicjt vor, da sprang er in meine Richtung und kratzte mich am Oberarm. Der Kratzer ist ca. 5 cm lang und hat minimal geblutet. Heute ist er kaum noch zu sehen"
blutige Kratzer ein Tier, das als Überträger in Frage kommt = WHO Expositionsgrad III, in der Regel werden Ungeimpfte dann aktiv und passiv geimpft.

"Ich war ca. 2-3 Stunden danach im Krankenhaus, wo man mir die erste von 5 Injektionen Verorab, also einen Tollwutimpfstoff verabreichte. Zusetzlich nehme ich ein 3x täglich ein Antibiotikum, 5 Tage lang."
korrekte Vorgehensweise bei einer blutenden Kratzwunde, die dem Patienten durch ein Tier zugefügt wurde, dessen Infektionsstatus nicht sicher bekannt ist.

"Ich habe allerdings gelesen, dass man in solchen fällen auch Immunglobulin verabreichen MUSS, was der thailändische Arzt (internat. Krankenhaus) NICHT für nötig hielt, auch nach mehrmaligem Nachfragen."
vermutlich sah der Arzt kein grosses Risiko. Wenn man aber dem üblichen Notfallimpfschema der WHO ganz genau folgt, wäre eine zusätzliche Antikörpergabe (Immunglobuline) Pflicht ( WHO 2007: "Rabies vaccines. WHO position paper." ).

"Meine Frage ist nun, ob ein hohes Risiko für eine Tollwutinfektion besteht"
die geschilderte Situation klingt wenig bedrohlich, es ist äusserst unwahrscheinlich, dass der in Gefangenschaft lebende Affe infiziert ist.

"und ob ich vielleicht doch auf die Injektion von Immunglobulin bestehen sollte."
nur, wenn man auch minimale Restrisiken ausschliessen will. Im Zweifel einfach erneut mit dem Arzt reden und nachfragen, warum er von dem Schema abweichen will (ist im Einzelfall möglich).

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Re: Tollwut-Risiko⁄richtige Behandlung Kratzer?

von Muemmeline , 07.03.11 11:26
Hallo

Vielen Dank für Ihre Antwort. Ich war heute (D3) in Phuket Town auf Phuket in einer Filiale des Bangkok International Hospital, ist das gleiche wie auf Samui und in Bangkok (als Tip für Thailandreisende, 1A-Betreuung, sogar deutsprachigrs Personal vorhanden zum Übersetzen).

Hier habe ich meine 2. Impfdosis Verorab bekommen und den Arzt darauf hingewiesen, dass meine deutsche Ärztin (nach Empfehlung der WHO) mir ausdrücklich zum RIG geraten hat. Erst wusste der Arzt nicht, was ich damit meine, hat mich aber verstanden, als ich ihm die entsprechende Seite im Impfpass gezeigt habe.

Er meinte dann zuerst, dass in Thailand niemals jemand RIG bekäme. Weil ich ihm das nicht glauben wollte (hab ein Heftchen von Verorab bekommen, wo man die Impftage einträgt und wann RIG verabreicht wurde bzw. werden sollte) hat er eine Schwester losgeschickt. Diese kam dann mit der Information zurück, Verorab sei Immunglobulin...was ja nicht der Fall ist, oder?

Am Freitag (D7) bekomme ich in Bangkok meine 3. Impfung und werde evtl. nochmal nach RIG fragen.

Wie sicher bin ich denn ohne das Immunglobulin geschützt? Auch wenn Sie sagen, dass eine Ansteckung relativ unwahrscheinlich ist, habe ich doch etwas Angst...

Vielen Dank für Ihre Hilfe

Freundliche Grüße

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Re: Re: Tollwut-Risiko⁄richtige Behandlung Kratzer?

von Cyberdoktor , 07.03.11 12:00
Hallo,

"Hier habe ich meine 2. Impfdosis Verorab bekommen und den Arzt darauf hingewiesen, dass meine deutsche Ärztin (nach Empfehlung der WHO) mir ausdrücklich zum RIG geraten hat. Erst wusste der Arzt nicht, was ich damit meine, hat mich aber verstanden, als ich ihm die entsprechende Seite im Impfpass gezeigt habe."
RIG steht für Rabies immune globulin, also Tollwut Antikörper. Die Gabe dieser passiven Impfung wird von der WHO nach entsprechend ernstzunehmenden Verletzungen angeraten, Quellen siehe oben.

"Er meinte dann zuerst, dass in Thailand niemals jemand RIG bekäme. "
gut möglich, in Entwicklungsländern stellt sich relativ früh die Kosten-Nutzen-Frage. Normalerweise kann man davon ausgehen, dass der aktive Impfstoff (mit abgetöteten Viren) für Schutz nach einem Biss ausreicht. Was man dann noch zahlen kann und will, um mit der zusätzlichen Antikörpergabe kleinste Restrisiken auszuschliessen, ist dann abhängig vom lokalen Gesundheitssystem.

"hab ein Heftchen von Verorab bekommen, wo man die Impftage einträgt und wann RIG verabreicht wurde bzw. werden sollte)"
klar, weil das die bei uns (in Industrienationen) übliche Vorgehensweise ist.

" hat er eine Schwester losgeschickt. Diese kam dann mit der Information zurück, Verorab sei Immunglobulin...was ja nicht der Fall ist, oder?"
nein, Verorab (der Name kommt zustande, da in sog. "Vero"-Zellen "Rabies"-, also Tollwut-Viren vermehrt werden) enthält abgetötete Viren, keine Antikörper. Da wollte man wohl vor einem hartnäckig nachfragenden Ausländer einfach das Gesicht wahren.

"Am Freitag (D7) bekomme ich in Bangkok meine 3. Impfung und werde evtl. nochmal nach RIG fragen."
wir haben in unseren Beiträgen oben entsprechende Empfehlungen zitiert, dass eine passive Immunisierung spätestens mit der zweiten aktiven Impfung nachgeholt werden sollte, und nur bis zu sieben Tage nach Beginn der Impfung noch ein gewisser Schutzeffekt zu erwarten ist.

"Wie sicher bin ich denn ohne das Immunglobulin geschützt?"
siehe oben: äusserst sicher, ein Impfversager ist bei Patienten mit einem normalen Immunsystem und einer Verletzung an unkritischen Orten so gut wie ausgeschlossen, dementsprechend ist es in Studien, bei denen ein Teil der Teilnehmer nach einem Biss ausschließlich aktiv geimpft wurde (=keine passive Impfung) zu keinen Tollwutfällen gekommen ( Thongcharoen P et al. 1989: "Rabies and post-exposure prophylaxis in Thai children." und Madhusudana SN et al. 2002: "Economical multi-site intradermal regimen with purified chick embryo cell vaccine (Rabipur) prevents rabies in people bitten by confirmed rabid animals." ).

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Re: Re: Tollwut-Risiko⁄richtige Behandlung Kratzer?

von Unbekannt , 07.03.11 12:57
quote wir haben in unseren Beiträgen oben entsprechende Empfehlungen zitiert, dass eine passive Immunisierung spätestens mit der zweiten aktiven Impfung nachgeholt werden sollte, und nur bis zu sieben Tage nach Beginn der Impfung noch ein gewisser Schutzeffekt zu erwarten ist. ⁄quote

Am Freitag wäre dann ja der 7. Tag, aber trotzdem zu spät wegen 3. Dosis?

Ich fühle mich jetzt auf jeden Fall beruhigter, bzw. kann ich mir jetzt ja sicher sein, dass allles ok ist und nichts mehr passieren kann.

Vielen Dank

Freundliche Grüße von Ko Phi Phi :-)

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Re: Re: Re: Tollwut-Risiko⁄richtige Behandlung Kratzer?

von Cyberdoktor , 07.03.11 17:34
Hallo,

"Am Freitag wäre dann ja der 7. Tag, aber trotzdem zu spät wegen 3. Dosis?"
da man man keine Menschenversuche anstellen kann, beruht die Angabe 7. Tag eher auf Schätzungen, gemäss Robert Koch-Institut ist bis zum 7. Tag ein Nutzen aber zumindest noch vorstellbar, unabhängig von der dritten Dosis.

Früher oder später ist das Risiko für mögliche Nebenwirkungen einer Antikörpergabe grösser als der Schutzeffekt, da der Körper eigene Antikörper herstellt. Gegen Tag 7. dürfte diese Produktion bereits anlaufen, der Nutzen einer Passivimpfung ist dann also vermutlich wesentlich geringer als z.B. am Tag 1. Reden Sie mit dem Arzt vor Ort, wenn er von der so späten passíven Impfung abrät, wäre das je nach Einzelfall vertretbar.

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Re: Tollwut-Risiko⁄richtige Behandlung Kratzer?

von Muemmeline , 08.03.11 11:25
Hallo

Eine letzte Frage hätte ich noch.

Ist es wichtig, eine bestimmte Stundenzahl zwischen den Impfdosen einzuhalten, oder kommt es einfach nur auf den Tag (0,3,7 usw.) an?

Danke und freundliche Grüße

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Re: Re: Tollwut-Risiko⁄richtige Behandlung Kratzer?

von Cyberdoktor , 08.03.11 16:14
Hallo,

"Ist es wichtig, eine bestimmte Stundenzahl zwischen den Impfdosen einzuhalten,"
nein, man muss daraus keine Wissenschaft machen, es sollten einfach möglichst die Tage eingehalten werden.

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Tollwut durch streicheln?

von Unbekannt , 08.10.13 09:51
Guten Tag, können Sie mir sagen, ob man sich durch Streicheln von Tieren mit tollwut infizieren kann? Besteht die Gefahr einer Schmierinfektion anschliessend? Danke

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Re: Tollwut durch streicheln?

von Cyberdoktor , 08.10.13 11:42
Hallo,

"ob man sich durch Streicheln von Tieren mit tollwut infizieren kann? Besteht die Gefahr einer Schmierinfektion anschliessend? "
keine Situation, die eine Ansteckung befürchten lässt. Siehe auch unser Themenblock Tollwut Risiko (Katzen) . Nur durch ein Tier verursachte Hautverletzungen bzw. der Zahneinsatz auf unbedeckter Haut in einem Tollwutgebiet stellen ein realistisches Risiko dar.

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