Hallo,
"Wir machen im Januar 2011 Urlaub in Kenia und meine Tochter wird zu diesem Zeitpunkt 6 Monate alt sein."zunächst müssen wir Ihnen ein grosses Lob dafür aussprechen, dass Sie sich vor Reiseantritt Gedanken machen, nicht alle Eltern sind so pflichtbewusst.
Im Rahmen der Antwort auf Ihren Forumsbeitrag werden wir einige grundsätzliche Probleme einer solchen Fernreise mit einem Säugling ansprechen, wir möchten Sie bitten, unsere Ausführungen unvoreingenommen zu lesen. Immer wieder sind Ratsuchende im Bereich der Reisemedizin, trotz bester Absichten der Ärzte, von kritischen Ratschlägen enttäuscht, der lange herbeigesehnte Urlaub ist gebucht und der Arzt redet von Risiken und rät im Extremfall evt. sogar vom Reiseziel ab. Ärzte müssen aber stets das Wohl der Patienten im Auge haben, insbesondere, wenn es um kleine Kinder geht, zur Not müssen dann, je nach Einzelfall, Reisepläne geändert werden.
Wir impfen hier nicht, verkaufen keine Medikamente und beantworten diese Frage kostenlos, sind daher in der Lage (evt. anders als ein Arzt, der darauf angewiesen ist, dass ein Patient immer wieder in die Praxis kommt), den Ratsuchenden sehr neutrale, aber auch, wenn angemessen, sehr kritische Bewertungen anzubieten und so hoffentlich vor Gesundheitsgefahren zu bewahren. Wenn unsere Antwort also evt. skeptischer als erwartet ist, sollte Sie stets im Hinterkopf haben, dass wir Sie und Ihre Familie schützen wollen.
Vermutlich wurden Sie bei der Reiseplanung bisher nicht von einem Reisemediziner oder entsprechend fortgebildeten Kinderarzt beraten, denn generell ist es nicht sinnvoll mit einem so jungen Säugling eine eine Urlaubs-Fernreise nach Kenia zu buchen.
Zunächst sprechen diverse allgemeine Überlegungen dagegen: eine Urlaubsreise in Länder mit extrem anderen Klimaverhältnissen ist für einen Säugling generell eine Belastung, da der kleine Mensch nur wenig Zeit hat, sich auf die neuen Bedingungen einzustellen (Zeitumstellung, Klima). Zusätzlich wird ein Baby durch einen Langstreckenflug (Dauer, trockene Luft im Flugzeug) belastet.
Man muss auch an die Möglichkeit einer Krankheit vor Ort denken, das Immunsystem von so jungen Kindern wird bereits in Deutschland mit einer grossen Anzahl Erreger konfrontiert, für die es noch keine Immunantwort vorbereitet hat, entsprechend gross ist die Erkrankungswahrscheinlichkeit bereits in der Heimat. Dieses Krankheitsrisiko wird in einem fernen Land gewiss nicht kleiner und es kommen sogar die für tropische Länder besonders fiesen Erreger hinzu.
Auch wenn es nicht zu einer Tropenkrankheit, sondern nur zu einer "normalen" Infektion kommt, ist es alles andere als lustig, mit einem Baby z.B. eine Atemwegs- oder Magen-Darminfektionen (mit heftigen Symptomen, einem sichtlich geschwächten Kind) und evt. Komplikationen (wie z.B. einer bei Kindern oft folgenden Mittelohrentzündung , mit der man nicht fliegen kann) in einem fremden Land durchzustehen (Sprachbarriere, der Kinderarzt ist nicht wie in Deutschland nur wenige Minuten oder einen Anruf entfernt).
"Um einer Malaria vorzubeugen,"wir wollen gern auch zum Thema Malaria Stellung nehmen, müssen aber vorab betonen, dass diese Krankheit nur ein Teil des in Ländern wie Kenia für Säuglinge bestehenden Gefahrenszenarios ist (ebenfalls durch Mücken übertragen werden in Kenia Gelbfieber und Dengue-Fieber).

Stechmücken: übertragen neben Malaria auch Gelbfieber und Dengue-Fieber.
Bild: CDC/James Gathany.
Generell ist die Malaria-Gefahr in Kenia gross. Es besteht ein ganzjähriges Malariarisiko in allen Landesteilen unter 2500m einschließlich der Städte, der Wildparks und der Touristengebiete an der Küste. Daher wird von der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin zur Malaria-Prophylaxe geraten, d.h. Medikamente werden bereits vor Reiseantritt und während der Reise vorbeugend eingenommen.
Die IFRC (International Federation of Red Cross) nennt in ihrem Kenya Report ("Beyond prevention: home management of malaria in Kenya") folgende Zahlen:
Mehr als 11.3 Millionen Malariafälle pro Jahr, fast 100 angesteckte neu Kinder pro Tag, Todesursache Nummer eins für Kinder unter 5 Jahren.
Für Kinder ist eine Malaria-Infektion besonders gefährlich, die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sagt daher in ihrem aktuellen Report "International travel and health " (2010) klipp und klar: "
Parents should be advised not to take babies or young children to areas with risk of falciparum malaria.". D.h.:
Eltern sollte davon abgeraten werden, Babies oder junge Kinder in Gebiete mitzunehmen, die ein Risiko für Malaria falciparum haben. Der in Kenia vorherrschende Erreger ist das Plasmodium falciparum. Kenia ist somit als Spass-Reiseziel für Eltern mit Säuglingen nicht geeignet.
Wenn Ihnen ein Arzt in Deutschland andere Empfehlungen gibt: niedergelassene Kinderärzte oder Reisemediziner sollten sich keinesfalls gegen das Fachwissen der WHO Malaria-Experten stellen, diese Fachleute beschäftigen sich im Rahmen der WHO Anti-Malariaprogramme ständig mit dieser tückischen Krankheit.
"Nach den Informationen, die mir aus dem Internet vorliegen"ein Termin beim Kinderarzt und Reisemediziner (bitte beachten: wir schreiben "und", d.h. beide sollten in diesem Fall aufgesucht werden!) ist vor einer Reisebuchung Pflicht. Das Internet ist in so wichtigen Fragen keine sichere Entscheidungsgrundlage.
"wuerden wir ihr gerne ein Medikament zur Prophylaxe geben"Die Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin rät für erwachsene Kenia Reisende zur Chemo-Prophylaxe mit Mefloquin (Lariam®) oder Atovaquon/Proguanil (Malarone®) oder Doxycyclin (Monohydrat-Präparate).
"kann man Doxycyclin erst ab dem 8. Lebensjahr einnehmen."so ist es.
"Malarone Junior ist erst fuer Kinder ab 11kg zugelassen ein Gewicht, das ein Kind normalerweise erst nach 1 Jahr erreicht)."stimmt, die amerikanische Regierungsbehörde Centers for Disease Control and Prevention sagt aber in ihrem Travelers' Health - Yellow Book zum Thema Malaria (2010), dass ein off-label use bei Kindern ab 5kg möglich ist. Das wäre allerdings ein Einsatz ausserhalb der Zulassung, den nur ein erfahrener Arzt anordnen sollte.
"Nach den Informationen, die mir vorliegen bleibt also nur noch Mefloquin Lariam), ein Medikament das angeblich fuer Kinde ab 5kg geeignet ist. "Mefloquin kann in der Tat ab 5kg Körpergewicht gegeben werden.
Bei einem Säugling stellt sich aber zusätzlich die Frage nach der Darreichungsform der Medikamente. Tabletten schlucken kann ein so kleines Kind ja nicht. Man müsste als in der Apotheke klären, ob das Mittel z.B. zu einem Pulver verarbeitet werden kann.
Schliesslich muss man betonen: auch die Einnahme einer Chemoprophylaxe schützt nicht absolut sicher vor Malaria, immer wieder erkranken Reisende trotz Tabletteneinnahme.
Schon das Malaria Risiko in Kenia rechtfertigt also ein Reiseverbot für einen Säugling. Nun müssen wir aber weitere, schwerwiegende Bedenken äussern:
Ihre Kleine ist zum Zeitpunkt der Reise erst 6 Monate alt. Zu diesem Zeitpunkt sind schützende mütterliche Antikörper im Blut des Kindes langsam aber sicher abgebaut (Nestschutz verschwindet), der übliche Impfplan aber noch nicht erfüllt. Gegen diverse gefährliche Krankheiten besteht also noch kein sicherer Schutz. In einem Entwicklungsland wie Kenia kommen diverse Kinderkrankheiten sehr häufig vor, das Infektionsrisiko ist viel höher als in Deutschland, zu nennen sind hier bedrohliche Krankheiten wie Kinderlähmung, Diphtherie, Masern.
Ihrem Töchterchen fehlen mit 6 Monaten noch diverse Impfungen, siehe
Impfen (häufige Fragen), ohne vollständigen Schutz in ein Risikoland zu reisen, wäre grob fahrlässig. Schliesslich gibt es für Kenia sogar besondere Impfempfehlungen (Gelbfieber!), siehe
Kenia - Impfungen und Infektionsschutz.
Unser Rat: bitte schützen Sie die Gesundheit Ihrer Kleinen, nehmen Sie das Kindchen keinesfalls mit auf einen Urlaubs-Trip nach Kenia. Man sollte einen neuen kleinen Erdenbürger nicht bereits in den ersten Lebensmonaten unnötigen Gefahren aussetzen, geniessen Sie die ersten Jahre besser ohne Angst und Stress in sicheren Gefilden.
Kenia ist kein geeignetes Urlaubsziel für Säuglinge. Evt. greift nach einem entsprechenden Attest des Arztes auch die Reiserücktrittversicherung.
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