Hallo,
"meine Tochter ist neun monate alt und hat die 5. harnwegsinfektion. "
Harnwegsinfektionen gehören zu den häufigen Infektionskrankheiten bei Kindern. In den ersten 6 Lebensjahren leiden bis zu 7% der Mädchen und 2% der Jungen an einer Harnwegsinfektion.
Anatomie des weiblichen Beckens: Hohlräume von Harnröhre und Harnblase sind ist grün markiert.
Als Harnwegsinfektion gilt dabei die Besiedlung des Harntrakts mit Mikroorganismen (Bakterien, Pilze, selten Viren). Sind Säuglinge betroffen, fallen diese z.B. durch unspezifische Symptome wie Fieber, Trinkschwäche, Gewichtsverlust, Unruhe oder Berührungsempfindlichkeit auf.
Anatomie: Harnwege. Die Harnblase und der Harnleiter sind grün markiert
Die Infektion kann alle Etagen des Harntrakts betreffen, aufsteigend wären das: Harnröhre, Blase (Blasenentzündung, Zystitis), Harnleiter, Nierenbecken (Nierenbeckenentzündung, Pyelonephritis). Gelangen die Erreger über die Nieren ins das Blut, ist es eine Urosepsis.
Finden sich einfach nur Bakterien im Urin, ohne weitere Krankheitsanzeichen, spricht man von einer asymptomatischen Bakteriurie.
"Vorgestern waren Leukos ...Keimzahl im Urin 10000 - 100000 ml Signifikante Bakteriurie im Grenzbereich)"
bei einer Harnwegsinfektion finden sich typischerweise Abwehrzellen (Leukos, Leukozyten, die z.B. Bakterien "auffressen" können) und Bakterien im Urin (z.B. Escherichia coli), das nennt man dann Leukozyturie bzw. Bakteriurie.
Leukozyt: elektronenmikroskopische Aufnahme.
Bild: NCI
Keimzahlen im Urin von 10000 - 100000 ml sind verdächtig und weisen auf eine Infektion hin (Keimzahlen müssen übrigens stets in Relation zur Art der Uringewinnung gesetzt werden, z.B. per Katheder oder Mittelstrahl).
"letztes mal waren andere bakterien drin, ausser die escherichia coli die waren da auch schon drin. "
Es gibt diverse Bakterien, die eine Infektion der Harnwege auslösen können, ganz oft sind typische (normalerweise harmlose) Darmbewohner dabei, wie Escherichia coli, nach dem Stuhlgang wandern diese Erreger dann bei vorliegen entsprechender weiterer begünstigender Faktoren (s.u.) über die Harnröhre in die Harnblase und vermehren sich dort.
Escherichia coli Bakterien: typische Stäbchenform, Rasterelektronenmikroskop-Aufnahme.
Bild: Janice Carr.
"Wir haben gerade heute wieder Antibiotika aufgeschrieben bekommen."
durchaus sinnvoll, die Antibiotikagabe soll die lokale Infektion bekämpfen, ausserdem will man unbedingt verhindern, dass sich eine Infektion weiter nach oben ausbreitet und die Nieren geschädigt werden.
In den ersten 6 Lebensmonaten wird sogar per Antibiotikainfusion stationär behandelt.
Je nach Krankheitsursachen im Einzelfall muss auch über eine Infektionsprophylaxe nachgedacht werden, d.h. es werden Antibiotika vorbeugend auch in symptomlosen Phasen gegeben.
"kann mir jemand mögliche ursachen nennen??"
Häufig lassen sich keine konkreten Ursachen finden, in einigen Fällen sind speziellere Auslöser zu finden, z.B. eine familiäre Veranlagung (Anfälligkeit der Blasenschleimhaut), Nierensteine, ungünstige anatomische Verhältnisse mit Fehlbildungen, Vesikoureteraler Reflux (Zurückfliessen von Harn aus der Blase nach oben in die Harnleiter und Nierenbecken), Verengungen (Stenosen) der Harnwege, Vorhautverengung (Phimose), Verengungen im Bereich der Schamlippen (Labiensynechie), Blasenentleerungsstörungen (z.B. durch Ursachen im Bereich des zentralen Nervensystems) .
"Sie hat auch schon eine MCU gemacht bekommen die war ohne befund."
Bei einem einfachen Harnwegsinfekt werden zunächst die üblichen Standarduntersuchungen durchgeführt, d.h. eine gründliche körperliche Untersuchung, hier würden z.B. Ursachen im Genitalbereich auffallen und eine Urinuntersuchung. Mikroskopisch lassen sich im Urin Abwehrzellen erkennen, Teststreifen weisen bestimmte Ausscheidungsprodukte von Bakterien nach, Urinkulturen erlauben das Züchten und erkennen verantwortlicher Bakterien.
Bei häufigen Harnwegsinfektionen wie bei Ihrer Tochter muss dann aber nach speziellen Ursachen gesucht werden, es folgt eine weiterführende Diagnostik z.B. mit Ultraschalluntersuchungen, Blasenfunktionstests und zur Erkennung eines vesikoureteralen Reflux ein Röntgen-Miktionszysturethrogramm (MCU). Das MCU ist eine Blasenentleerungs-Untersuchung mittels Röntgen nach Kontrastmittelgabe, hier wird nach Harntransportstörungen gesucht.
Auch bei rezidivierenden HWI (mehr als 5 Harnwegsinfekte pro Jahr) ist die Prognose (wenn keine Risikofaktoren vorliegen) bei entsprechender Therapie sehr gut, es sollte wie gesagt über eine antibiotische Prophylaxe für 3–6 Monate nachgedacht werden, dabei dann Urinkontrollen spätestens alle 1–4 Wochen. Auch allgemeine Maßnahmen wie reichlich Flüssigkeitszufuhr, die richtige Reinigungstechnik nach Stuhlgang die Vermeidung lokaler Unterkühlung sind sinnvoll. Die Behandlung bzw. Diagnose rezidivierender Harnwegsinfektionen bei Säuglingen sollten möglichst von den erfahrenen Ärzten einer Kinderklinik vorgenommen werden.
Welches weitere Vorgehen haben die Ärzte geplant?
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