Wie
gefährlich ist Fliegen?
Die
Reisethrombose - nicht nur ein Problem der Economy-class
Spätestens
seit im Oktober des Vorjahres eine junge Frau an den Folgen einer
tiefen Beinvenen-Thrombose nach einem Langstreckenflug in der
Touristenklasse verstorben ist, stellt sich für viele Fluggäste
die Frage: Wie gefährlich ist Fliegen? Gibt es Mittel um eine
Venenverstopfung zu verhindern?
Grundsätzliches
Problem ist eine von den Passagieren stundenlang eingenommene
Zwangshaltung (Sitzen), die einen Rückfluss des Blutes aus den
Beinen zum Herzen nicht ausreichend fördert und so zur Gefahr
der Bildung von Blutgerinnseln in den Unterschenkelvenen beiträgt.
Dies Gefahr besteht insbesondere bei Langstrecken-flügen in der
sogenannten Touristenklasse, da die dortige Bewegungs-/Beinfreiheit
deutlich eingeschränkt ist - daher auch die Bezeichnung "Economy-class-Syndrome".
Blutgerinnsel können aber auch bei Reisenden in der First- und
Business-class, ebenso nach langen Bus-, Bahn- oder Autoreisen
entstehen.
Neben
den beengten Sitzverhältnissen in der Touristenklasse hat die
britische Organisation "Gesunde
Luftfahrt" nach Messungen erhöhter Schadstoffkonzentrationen
an Bord von Passagiermaschinen auch vor Belastungen mit organophosphatischen
Chemikalien gewarnt. Betroffen davon sind Flugzeugtypen wie Boeing
737, 747, 767 und Airbusse der Serien A 320 und A 340. Eine empfohlene
Vergrößerung der Sitzabstände im Bereich der Touristenklasse wurde
von den meisten Fluggesellschaften - trotz bekannter Problematik
- ignoriert. Selbst Warnhinweise, bzw. Aufklärungsmaßnahmen der
Passagiere zu gesundheitsförderlichem Verhalten während des Fluges,
unterblieben in den meisten Fällen. Als logische Konsequenz erscheint
damit die Musterklage einer australischen Anwaltskanzlei, vertretend
für Thromboseopfer, bzw. deren Angehörigen, zunächst gegen die
drei Fluggesellschaften KLM, Qantas und British Airways. Erst
unter dem Druck der öffentlichen Diskussion wurden den Passagieren
vor Flugbeginn Info-Broschüren ausgehändigt, Filme mit gymnastischen
Übungen gezeigt, oder sogar spezielle Übungs-Kissen überreicht.
Die
Häufigkeit der Entwicklung von Reisethrombosen ist nicht bekannt.
Nach Aussagen von Dr. Günther Kaul (Medizinischer Dienst der Lufthansa
München) seien etwa 1000 von 42 Millionen Flugpassagieren von
dieser Problematik betroffen. Statistisch trete eine Thrombose
bei 0,5 von einer Million Flugpassagiere auf, so der britische
Hämatologe Dr. Paul Giangrande aus Oxford auf der Internationalen
Reisemedizin-Konferenz in Innsbruck. Nach Meldungen der BBC
im Mai diesen Jahres ist das Thromboserisiko bei Langstreckenflügen
wesentlich höher einzuschätzen. So leide nach Einschätzung Londoner
Wissenschaftler jeder zehnte Passagier an einer Reisethrombose
- die Thrombosegefahr sei 40-fach größer als bisher angenommen.
Das Risiko daran zu versterben ist allerdings niedriger einzustufen.
Nicht selten verlaufen Thrombosen symptomlos. Erst wenn losgelöste
Blutgerinnsel die Lunge erreichen, können sie dort zu tödlichen
Folgen führen. Dies führt zu einem Statistikproblem - solche Lungenembolien
können sich auch noch fünf Tage nach Absolvierung eines Fluges
entwickeln, statistisch bleiben sie damit u.U. unentdeckt.
Gefährdet
eine Reisethrombose zu entwickeln sind insbesondere Raucher, Schwangere,
übergewichtige Personen, hormonsubstituierte Frauen ("Pille",
Östrogenpräparate in/nach den Wechseljahren), Patienten mit Venenerkrankungen,
mit Tumorerkrankungen oder Zustand nach Operationen (v.a. im Bereich
der Beine). Insbesondere bei vorbekanntem persönlichem Risiko
eignen sich Kompressions-strümpfe zur Verhütung einer Reisethrombose.
Mittlerweile gibt es auch Reisekniestrümpfe für Venengesunde -
nach dem Ergebnis einer Studie des Londoner Gefäßchirurgen Dr.
John Scurr mit 231 Flugreisenden über 50 Jahre, seien die Strümpfe
geeignet Thrombosen zu verhindern. (The Lancet 357, 2001, 1461).
Kniestrümpfe seien in diesem Falle ausreichend, so Dr. Paul Giangrande,
da Beinvenenthrombosen meist im Unterschenkel entstehen. Bei Risikopatienten,
die z.B. bereits an einer Thrombose erkrankt waren, ist eine weitergehende
medikamentöse Vorsorge mit sog. niedermolekularen Heparinpräparaten
anzuraten. Acetylsalicylsäurepräparate (ASS/Aspirin/u.a.) sind
hierzu keinesfalls geeignet.
Insbesondere
Menschen mit Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems oder der
Lunge sollten in jedem Falle vor Antritt eines Fluges ihren Hausarzt
zu raten ziehen. Denn diese sind zusätzlichen Risiken ausgesetzt:
So herrschen in der Flugkabine geänderte Druckverhältnisse, nämlich
ein Unterdruck. Bei Langstreckenflügen, also in Höhen zwischen
ca. 10 000 m und 13 000 m besteht ein Luftdruck, der in etwa dem
in einer Höhe von ca. 2 000 bis 2 500 m entspricht. Der Unterdruck
wird im Flugzeug von gesunden Menschen praktisch nicht bemerkt.
Wahrgenommen werden lediglich rasche Änderungen der Luftdruckverhältnisse
während Start und Landung. Infolge eines erniedrigten Kabinendruckes
wird dem menschlichen Organismus im Vergleich zur Erde pro Atemzug
weniger Sauerstoff zugeführt. Problematisch ist dies nur für Passagiere
mit Lungen- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, oder einer Blutarmut.
Bei diesen kann sich ein Sauerstoffmangel bemerkbar machen. Unmittelbare
Folge des niedrigen Luftdrucks allerdings ist eine stärkere Wirkung
des an Bord genossenen Alkoholes - mit nicht selten unberechenbaren
Folgen.
Um
eine Reisethrombose zu verhindern gelten drei entscheidende Regeln:
Reisen
in bequemer, lockerer Kleidung
Regelmäßige
Bewegung
(Betätigen der Wadenmuskelpumpe, um den Blutrückfluss zum Herzen
zu unterstützen)
Regelmäßige
Flüssigkeitsaufnahme - am besten Wasser (Faustregel 150 ml pro
Stunde, um ausreichende Fließeigenschaften des Blutes zu gewährleisten
- kein Alkohol, Tee oder Kaffee, da entwässernde Wirkung).
Unter
Berücksichtigung dieser Verhaltensregeln ist das Risiko während
eines Fluges eine Thrombose zu entwickeln sehr niedrig anzusiedeln.
Bei Menschen mit bekannten Risikoerkrankungen sollte vor Antritt
einer Flugreise eine ärztliche Beratung erfolgen.
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