Auf dem Weg zum großen Bruder?
Großbritannien genehmigt Krankenversicherern die Durchführung
von Gentests
Während
die Sachverständigen und Mitglieder der Enquete-Kommission des
Deutschen Bundestages "Recht und Ethik in der modernen Medizin"
noch über die möglichen Folgen der genetischen Diagnostik diskutieren,
scheren die Briten sich wenig um moralische Bedenken. Auf dem
Trittbett des boomenden Gentechnikmarktes genehmigte die britische
Regierung nach dem therapeutischen Klonen,
unbeeindruckt vom politischen Versagen im BSE-Skandal, nun auch
den Krankenversicherungen Gentests von ihren Antragstellern zu
verlangen.
Vorerst
noch gilt diese Genehmigung nur für die Erbkrankheit Chorea Huntington
("Veitstanz"), sie wird aber möglicherweise bald auf Morbus Alzheimer
und Brustkrebs erweitert.
Durch
dieses Signal ermutigt sehen Kranken- und Lebensversicherungsunternehmen
bereits ein lukratives Geschäft. Denn eine gesetzlich zugelassene
Gendiagnostik ermöglicht die Anwendung einer risikoangepassten
Prämienkalkulation.
Die deutschen Versicherer nehmen noch Abstand von Gentests. So
ließ der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft verlautbaren:
"Momentan und in absehbarer Zukunft werden die Versicherungsunternehmen
weder Gentests als Mittel der Risikodifferenzierung verlangen,
noch ausdrücklich nach durch-geführten Gentests fragen." Erwartet
wird aber "die Offenlegung gesundheits-relevanter Informationen,
ohne dass nach deren Herkunft unterschieden wird". Sollte also
ein Versicherungsnehmer das Ergebnis seines Gentestes kennen,
wird von ihm verlangt dieses der Versicherung mitzuteilen.
Angesichts
von weltweit etwa tausend für genetisch bedingte Erkrankungen
existierende Tests und unter dem Eindruck der aktuellen Entwicklung,
warnen Experten vor der Gefahr der kommerziellen Nutzung dieser
Tests durch Kranken- und Lebensversicherungen, ebenso wie vor
einer Diskriminierung von Menschen mit Gendefekten. Nicht zuletzt
im Hinblick auf ein weitgehendes Fehlen rechtlicher und ethischer
Regelungen, waren sich die Sachverständigen und Mitglieder der
Enquete-Kommission "Recht und Ethik in der modernen Medizin" einig,
dass dies nicht so bleiben könne.
Quelle/Literatur:
Richter, Dr. med. Eva A. Gendiagnostik: Gesetzgebung hinkt hinterher
Deutsches Ärzteblatt 97, Heft 43 vom 27.10.00, Seite A-2818
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