Die
wichtigsten Hinweise zum Umgang mit der BSE-Gefahr
BSE: Schwamm im Kopf - den Tod vor Augen?
Was
ist BSE?
Was
ist Creutzfeld-Jacob?
Wie
und von wem wird BSE übertragen?
Das
Primat der Ökonomie oder das Versagen der Politik
Aktueller
Maßnahmenkatalog
Schnelltest
gibt keine Sicherheit
Aktuelle
und zukünftige Testverfahren
Warum
BSE-Fälle auf kleinen Bauernhöfen?
Die
richtige Nahrungsmittelwahl
Fazit
Was
ist BSE?
|
BSE
steht für Bovine Spongioforme Enzephalopathie, eine bei Rindern
(Bovis) das Gehirn (Enzephalon) in eine schwammartige (spongioforme)
Substanz umwandelnde Erkrankung. Entstanden ist BSE durch
die Verfütterung von Tiermehl gemahlener Kadaver an Scrapie
erkrankter Schafe Anfang der 80er Jahre in Großbritannien.
Scrapie wiederum ist eine bei Schafen und Ziegen vorkommende
Form einer erregerbedingten Hirndegeneration. Unter Schafen
und Ziegen wurde die Erkrankung ebenfalls durch Verfütterung
von Tiermehl verbreitet. |
Dass mit dieser Form der Ernährung eine tödliche Erkrankung übertragen
werden kann, erscheint für den Menschen überraschend. Denn als
Überträgersubstanz kommt ein bisher unbekanntes Erregermaterial
in Betracht: Bisher enthielt jede als Krankheitserreger identifizierte
Substanz die bekannten Erbinformationen DNA oder RNA. Im Laufe
der achtziger Jahre wurde bekannt, dass bei der schwammartigen
Umwandlung des Gehirns einem falsch gefalteten Eiweiß (Prion)
eine ursächliche Bedeutung zukommt.
Der Nobelpreisträger Stanley Prusiner vertrat, ebenso wie der
an der Universtität Düsseldorf tätige Prof. Detlev Riesner die
anfangs verlachte These, dass die BSE-Erkrankung durch eine Umfaltung
von sogenannten Prioneneiweißen verursacht werden. Andere Wissenschaftler
wie z. B. Prof. Heino Diringer vom Robert-Koch-Institut in Berlin
versuchen weiterhin eine Erregererbsubstanz zu isolieren.
Prusiner
nannte die auffälligen Eiweißstruktur „proteinaceous
infectious particles“ = Prione. Die vier- sechs Millionstel Millimeter
kleinen Krankheitserreger unterscheiden sich kaum von einem natürlicherweise
im Gehirn auf der Oberfläche von Nervenzellen vorkommenden Protein
= PrP(C). Es besitzt eine ursprünglich korkenzieherartige Faltung.
Im Rahmen des Erkrankungsprozess verliert es seine eigentliche
Form, es faltet sich um. In einem dominoartigen Effekt folgen
dann auch die benachbarten Eiweiße. Tragischerweise sind
die umgefalteten Eiweiße (Prionen) nun nicht mehr abbaubar.
Sie schädigen als nutzloser Eiweißmüll die Nervenzellen, was wiederum
einen lochfraßartigen Hirnabbau zur Folge hat.
Definiert
wurde eine Gruppe von Prionen-Krankheiten - zu ihnen gehören neben
Scrapie und BSE auch Erkrankungen des Menschen: Zu nennen ist
das Gerstmann-Sträussler-Scheinker-Syndrom, die tödliche familiäre
Schlaflosigkeit, Kuru und die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit.
Was
ist Creutzfeld-Jacob?
Die
Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (auch subakute präsenile Polioenzephalopathie,
Pseudosklerose, vCJK) gehört zur Gruppe der Prionenerkrankungen.
Bei diesen kommt es über einen Untergang von Nervenzellen zu einer
Umwandlung des Gehirns in eine schwammartige Restsubstanz. In
5-15 % der Fälle wird die Erkrankung vererbt. Sie kann sporadisch
auftreten, oder aber durch Erreger übertragen werden.
Die
Creutzfeldt-Jakob-Krankheit ist weltweit verbreitet. Sie beginnt
mit Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen, einer Abnahme der
Merkfähigkeit und einer erhöhten Reizbarkeit. Häufig begleitet
werden diese Erscheinungen von Kopfschmerz, Schlaflosigkeit und
Schwindelbeschwerden. Es entwickelt sich ein bis zu Demenz fortschreitender
cerebraler Abbau, einhergehend mit Lähmungserscheinungen und generalisierten
Krampfanfällen. Nach einer komatösen Übergangsphase endet die
Erkrankung mit dem Tod. Die Krankheitsdauer variiert zwischen
wenigen Wochen und zwei Jahren.
Bei
jungen britischen vCJK-Fällen zeigte sich eine vom bekannten Krankheitsbild
abweichende Variante. Es imponierten insbesondere psychiatrische
Auffälligkeiten im frühen Krankheitsstadium, auch die Analyse
der Hirnstrombilder (EEG) zeigte bisher nicht gekannte Varianzen.
Noch ist eine große Epidemie beim Menschen ausgeblieben. Insbesondere
im BSE-Mutterland Großbritannien aber, ist eine deutliche Zunahme
von Creutzfeldt-Jakob-Erkrankungen der neuen Generation zu verzeichnen.
Wie
und von wem wird BSE übertragen?
Unter
dem Eindruck neuer Forschungsberichte ist mit einem Auftreten
der das Gehirn in eine schwammartige Substanz verwandelnde neuen
Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit auch noch 40 Jahre nach
Infektion zu rechnen. Auch ein vermeintlicher genetischer Schutz
weiter Bevölkerungsschichten scheint nichts mehr als eine widerlegte
Hypothese zu sein. Die bisher angenommenen Übertragungswege erscheinen
ungesicherter denn je: nicht nur Hirn, Augen und Rückenmark infizierter
Rinder bergen in sich die Erreger, sondern auch Blut, Talg und
Gelatine scheinen geeignete Übertragungswege darzustellen. Hohe
Erregerkonzentrationen finden sich außerdem in Augen, Mandeln,
Thymus, Milz, Darm, Knochenmark, Nerven und Lymphknoten. Im Tierversuch
(bei Hamster und Maus) konnte eine Dosis-Wirkung-Beziehung im
Hinblick auf die verabreichte Erregermenge festgestellt werden.
Ein Gramm infiziertes Rinderhirn im Futter reicht aus, um eine
gesunde Kuh an BSE erkranken zu lassen. Die für die Infektion
eines Menschen erforderliche infektiöse Dosis und eventuelle
Kofaktoren sind nicht bekannt.
Im
Hinblick auf die lange Inkubationszeit der Erkrankung, wird davon
ausgegangen, dass sich die Prionen nach der Infektion des Organismus
zunächst in bestimmten zum sogenannten lymphoretikulären System
gehörigen Depots (Milz, Lymphknoten) vermehren und im weiteren
Verlauf Nervenbahnen als Reiseroute zum Gehirn benutzen.
Aktuell
angenommen wird, dass eine BSE-Übertragung auch auf mit Tiermehl
gefütterte Hühner, Schafe, Schweine, Wild und Fische möglich sein
könnte. Anders als z.B. bei der Schweinepest, wurde eine Ansteckungsgefahr
durch den Kontakt von gesunden mit kranken Tieren bislang verneint.
In Anbetracht der aktuellen Entwicklungen wird sie allerdings
nicht mehr ausgeschlossen: Neuere Experimente ergeben den Anhalt,
dass, obwohl selbst gegen den Ausbruch der Erkrankung gefeit,
die genannten Tiere den BSE-Erreger auf den Mensch übertragen
könnten. Zunehmend berichtet wird von infizierten Haustieren,
insbesondere Hunde und Katzen, unter anderem auch Nerze und Affen.
Nach Mitteilungen des Robert Koch-Institutes wurden in europäischen
Zoos -darunter Tiger und Antilopen eines britischen Tiergartens-
bisher bei 24 Tierarten 85 BSE-Erkrankungen festgestellt. Außerdem
seien seit 1990 mindestens 90 Erkrankungsfälle bei Hauskatzen
bekannt geworden, die meisten in Großbritannien. Dies zeige, dass
der BSE-Erreger auf natürlichem Weg über die Nahrungsaufnahme
auf eine Vielzahl weiterer Tierarten übertragbar sei.
Eine
letzte, bisher unbewiesene, Hypothese ist eine mögliche Übertragbarkeit
der Krankheitserreger über den Weidegrund. Dagegen gilt die
Übertragbarkeit der Infektion von der Kuh auf das Kalb als
sicher. Unlängst betonte der Mikrobiologe und Biochemiker Dr.
Steve Dealler, dass auch beim Menschen mit der Möglichkeit einer
Übertragbarkeit der Krankheitserreger im Mutterleib gerechnet
werden müsse: "In Großbritannien weist das drei Monate alte Baby
einer 24-jährigen Patientin, die an der neuen - durch BSE verursachten
-Variante der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit erkrankt ist, bereits
Zeichen dieser neurologischen Erkrankung auf." Auch eine Gefährdung
durch Inhalation von prionenhaltigen Fein- und Feinststäuben (z.B.
bei Beschäftigten im Schlachthof) schloss Dealer nicht aus.
Sieben
der mittlerweile verstorbenen britischen Creutzfeldt-Jakob-Opfer
waren zu Lebzeiten aktiv im Dienste der Menschheit. Als Blutspender
wurde Ihr Blut mit dem anderer Spender gemischt, als Blutkonserve
aufbereitet und zur weiteren Verwendung freigegeben. Tierversuche
deuten darauf hin, dass Bluttransfusionen, entgegen den ursprüngliche
Annahmen, nicht ungefährlich sind. So erkrankte ein Schaf durch
eine Blutübertragung von BSE-infizierten (nicht erkrankten) Schafen.
Bisher ist nicht geklärt, ob eine Separierung der weißen Blutkörperchen
vom Spenderblut, das Risiko einer Prionenübertragung ausräumt.
Der
BSE-Erreger ist im Gegensatz zu Bakterien, Viren und Pilzen äußerst
widerstandsfähig. Nahezu allen Desinfektionsmitteln und auch UV-
und Röntgenstrahlen widerstehen die Prionen. "Bei sehr hohem Ausgangstiter",
so der Düsseldorfer Professor Riesner, "lässt sogar 600 Grad Celsius
trockene Hitze eine geringe Restinfektiösität übrig".
Es
existieren in zunehmendem Maße Zweifel, ob die derzeit üblichen
Sterilisationsverfahren chirurgischer Operationsinstrumente ausreichen,
um infektiöse Prionen ausreichend abzutöten. Bei Mandeloperationen
dürfen in Großbritannien dem zur Folge nur noch Einmalinstrumente
verwendet werden. In Deutschland werden verschärfte Richtlinien
für die Durchführung der Sterilisation von chirurgischen Instrumenten,
die mit Risikogewebe -wie Mandeln, Gehirn, Blinddarm, Augen, Lymph-
und Nervengewebe, etc., in Berührung kommen, gefordert.
Angesichts
der neuen Erkenntnisse werden von Wissenschaftlern zehntausende
bis hunderttausende von neuen Creutzfeldt-Jakob-Opfern erwartet.
Allein
in Großbritannien hat jeder Einwohner statistisch ca. 50 Portionen
Fleisch BSE-kranker Rinder verzehrt. Die bisherigen wissenschaftlichen
Erkenntnisse müssen hinterfragt werden, die Virusgefahr erhält
durch die Vermutung möglicher neuer und unkontrollierter Übertragungswege
ein bisher ungeahntes Bedrohungspotential. Im Angesicht desselben
verfallen die Vertreter europäischer Regierungen, von Verbraucherverbänden,
Lobbyistengruppen und anderen Gremien in plötzlichen Aktionismus.
Das
Primat der Ökonomie oder das Versagen der Politik
Spätestens
mit der Entdeckung deutscher BSE-Fälle wurde auch die deutsche
Politik der Unschuld beraubt und der Verdrängungsmechanismus der
Verbraucher ausser Kraft gesetzt.
Noch
im März 2000 wurde das Einfuhrverbot für britisches Rindfleisch
in Deutschland auf Druck der EU aufgehoben. Die gegen Großbritannien
gerichteten Schutzmaßnahmen wurden neu geregelt. So darf Britisches
Rindfleisch nur dann in Deutschland in Verkehr gebracht werden,
wenn es bestimmte Schutzanforderungen erfüllt und gekennzeichnet
ist. Rindfleisch, direkt aus Großbritannien und Nordirland, ist
durch ein Sechseck und die XEL-Zulassungsnummer des britischen
oder nordirischen Betriebes gekennzeichnet. Zerlegtes und verarbeitetes
britisches Rindfleisch, das über andere Länder eingeführt wird,
muss zusätzlich zur Kennzeichnung des jeweiligen Landes so gekennzeichnet
sein, dass die britische Herkunft erkennbar bleibt und damit in
Deutschland die Kennzeichnung "Britisches XEL-Rindfleisch" möglich
ist.
Britisches Rindfleisch, das in Deutschland zerlegt und verarbeitet
wird, ist auf der Ware selbst oder der Verpackung, bei loser,
nichtverpackter Ware auch auf dem Preisschild mit der Kennzeichnung
"Britisches XEL-Rindfleisch" deutlich sichtbar zu versehen.
Grundsätzlich
gilt, dass jegliches britisches Rindfleisch - ob frisch oder verarbeitet
zu Erzeugnissen wie z.B. Wurst - kenntlich gemacht werden muss.
Dies kann durch ein Schild oder auf dem Preisschild im Laden,
in Gaststätten oder Kantinen auf der Speisekarte, im Preisverzeichnis
oder in einem Aushang erfolgen. Eine Überwachung der Rindfleischetikettierung
obliegt der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung.
Trotz
dieser Beschlüsse sind die Auswahlmöglichkeiten der Verbraucher
nicht nur beschränkt, ihre Gesundheit erscheint weiterhin gefährdet.
Denn neben der Tatsache, dass
Angaben zum Land der Geburt und Aufzucht eines geschlachteten
Tieres erst mit Beginn des Jahres 2002 europaweite Pflicht werden,
dass Restaurants und Imbisseinrichtungen ihre Frikadellen und
deren Ableger anbieten können, ohne die Herkunft des Fleisches
offenbaren zu müssen, hält sich die Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten
nicht an ihre gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen. Eine Kennzeichnungsregelungen
ähnlich der deutschen wurden nur von Belgien, Irland und Luxemburg
eingeführt.
Entgegen
der seit 1997 geltenden europäischen Gesetzgebung, Futtertiermehle
zur Abtötung potentieller BSE-Erreger auf 133 ºC zu erhitzen und
20 Minuten hohem Druck (drei Bar) auszusetzen, fühlten sich
mehrere EU-Länder nicht an diese Gesetzesvorgaben gebunden. Auch
in Bayern, so musste schon 1997 ein Vertreter des bayrischen Landwirtschaftsministerium
eingestehen, sei ein Drittel der Tiermehlmenge nicht ausreichend
erhitzt worden. In Versuchen konnte bereits nachgewiesen werden,
dass Prione auch höhere Temperaturen als die geforderten 133 °C
überstehen. Zu erklären ist dies mit der veränderten Eiweissstruktur.
In der Konsequenz bedeutet dies, dass in Deutschland, auch unter
der optimistischen Annahme einer exakten Einhaltung der Vorschriften,
infiziertes Tiermehl hergestellt und verfüttert wurde. Bei der
Herstellung von Fleischknochenmehl seien bis zuletzt komplette
Rinderschädel verarbeitet worden. Das Fleischknochenmehl
sei dabei nur auf maximal 100 °C, ohne Überdruck, erhitzt
worden. Erreger wurden hierbei mit Sicherheit nicht abgetötet.
Der Verstoß gegen das seit 1994 geltende Tiermehlverfütterungsverbot
an Rinder wurde ausreichend dokumentiert. Und, obwohl Gehirn und
Rückenmark in der deutschen Fleischhygiene-Verordnung vom Mai
1997 als untaugliche Inhaltsstoffe von Wurst deklariert wurden,
können Sie immer wieder in deutschen Wurstwaren nachgewiesen
werden.
Bewiesen
wurde, dass der Weg einer lobbyistenunabhängigen Politik nur angesichts
der direkten Bedrohung eingeschlagen wird. Nach dem Motto "Retten
was zu retten ist", wurden Krisenkomitees gegründet und allerorts
Betroffenheitsbekundungen verlautbart. Ein im nationalen Alleingang
verhängtes Importverbot britischen und französischen Rindfleischs
ist eine, angesichts der von der Mehrzahl der EU-Mitgliedstaaten
gebrochenen gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen, vordergründig
logische politische Konsequenz. Bei tieferer Betrachtung allerdings
erscheint eine solche Forderung durchaus doppelbödig. Denn noch
1997 wurde von Seite des damaligen Landwirtschaftsministerium,
vertreten durch Minister Borchert, erklärt, dass eine Umstellung
des deutschen Schlachtverfahrens auf ein Vorgehen mit Beseitigung
der möglicherweise erregerhaltigen Materialien (Hirn, Augen, Rückenmark)
zu teuer und angesichts der Sicherheit des deutschen Rindfleischs
nicht zumutbar sei. Dementsprechend wurde die Einführung eines
solchen Verfahrens von deutscher Seite auf EU-Ebene blockiert.
Erst unlängst fand eine diesbezügliche Einigung der europäischen
Agrarminister statt.
Angefangen
hatte es schon 1993 mit dem Ausbleiben einer Reaktion des damaligen
Gesundheitsministers Horst Seehofer, angesichts der britischen
BSE-Krise. In der Folge ignorierte derselbe Minister schlichtweg
die schon 1996 von der Bundesanstalt für Fleischforschung
an ihn gerichteten Warnungen. In der Tradition der Blockadepolitik
von Ex-Minister Borchert wandte sich die bayrische Gesundheitsministerin
Barbara Stamm noch im August 2000 an den unlängst vom Amt
zurückgetretenen Landwirtschaftsminister Funke und forderte
ihn auf gegen die Brüsseler Verordnung Risikomaterialien
aus der Nahrungsmittelkette zu eliminieren "Klage zu erheben".
Sie halte, so teilte Frau Stamm mit, diese Verordnung für
"eine unzumutbare Beeinträchtigung" der Bauern
und Metzger.
Gerade
noch wurde das skandalöse gemeinschaftliche Versagen früherer
britischer Regierungen und Wissenschaftler in einem offiziellen
Untersuchungsbericht gerügt. Festgehalten wurde dort, dass unter
der Verantwortlichkeit von Margaret Thatcher und John Major die
Bevölkerung während der BSE-Krise "in die Irre geführt" wurde.
Vorgehalten wurde den zuständigen Ministern und dem zugehörigen
Beamtenapparat eine Vernebelungspolitik betrieben und die durch
BSE drohenden Gesundheitsrisiken verharmlost zu haben.
Das
Dilemma politischer Rechtfertigungen zu ergreifenden, oder zu
verhindernden Maßnahmen symbolisierte, nicht zuletzt nach der
öffentlichkeitswirksamen Rindfleischverfütterung des ehemaligen
britischen Landwirtschaftministers John Gummer an seine Tochter
(1994), u. a. die Aussagen von Manfred Härtel, Präsident des Verbands
des Fleisch-Aussenhandels (2000): "Verseuchtes britisches Rindfleisch
kann weder auf den deutschen Markt noch in sonst irgendein Land
gelangen. Das hat nichts mit der Einhaltung der Kennzeichnungspflichten
zu tun, sondern damit, dass der Export nur unter äusserst restriktiven,
akribisch überwachten Bedingungen zugelassen ist." Auch der Präsident
des Bauernverbandes Gerd Sonnleitner blieb standhaft. Nach seiner
und der von Ex-Landwirtschaftsminister Funke - "Ich bin der felsenfesten
Überzeugung, dass deutsches Rindfleisch sicher ist" - geteilten
Ansicht bestand keine Gefahr: "Wir haben soviel gutes Rindfleisch,
dass kein Verbraucher auf Importe zurückgreifen muss." David Byrne,
der EU-Kommissar für Gesundheit und Verbraucherschutz, bemüht
gar die Gefährdungen des alltäglichen Lebens: "Englands BSE-Zahlen
sind stark rückläufig und England exportiert nur Muskelfleisch,
in dem noch nie BSE festgestellt wurde"...."Ein Null-Risiko wird
es nie geben, das gilt für alle Lebensmittel - und auch für die
anderen Dinge im täglichen Leben."
In
Deutschland ursprünglich dokumentierte BSE-Fälle wurden zunächst
als eingeschleppt gewertet. Durch den in zunehmenden Umfang erfolgenden
Nachweis auch deutscher BSE-Fälle, wurde die immer wieder bemühte
Sicherheit des deutschen Rindfleischmarktes und damit auch der
Nimbus der Präzision bestehender Kontrollmechanismen zerstört.
Ohnehin erweist sich eine lückenlose Kontrolle von Nahrungsmittelprodukten,
auch unter dem Eindruck der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse,
nahezu unmöglich.
Allerdings zeigte sich, beginnt man erst einmal Kontrollmechanismen
wie den Prionen-Schnelltest einzusetzen, dass die Kontrolinstanzen
rasch fündig werden. Angesichts der rund um Deutschland verteilten,
von BSE betroffenen Länder stellte sich bisher unvermeidlich die
Frage, ob wir bisher eine Insel der BSE-, oder eher der Ahnungslosen
waren oder sein wollten. Nicht zuletzt angesichts vorhandener
krimineller Energie zur Verschleierung von BSE-Fällen, dem illegalen
Import britischen Rindfleischs (1997 wurden beispielsweise mindestens
600 Tonnen britischen Rindfleischs illegal in den deutschen Handel
gebracht) und einer fortgesetzten Mißachtung der Rindfleischkennzeichnungspflicht,
ist ein rasches EU-einheitliches Vorgehen, mit Möglichkeit zur
Anwendung drastischer Sanktionen gegenüber nicht kooperationsbereiten
Institutionen dringlich angezeigt.
Trotz
eines desaströsen Katastrofenmanagements erweckt der Rücktritt
der Bundesgesundheitsministerin Fischer, im Gegensatz zu dem des
Bundeslandwirtschaftsministers Funke, den Eindruck eines -im wahrsten
Sinne des Wortes- Bauernopfers. Denn für die Interessen der
Agrarindustrie stand die grüne Politikerin ausgewiesenermaßen
nicht. In
Bayern dagegen wird von Seiten des Ministerpräsidenten gegen
die BSE-Politik der EU polemisiert, die regierungsseitig von der
mittlerweile ebenfalls zurückgetretenen Gesundheitsministerin
Stamm und dem an seinem Amt klebenden Landwirtschaftsminister
Miller betriebene Verbraucher- und Bauerntäuschung wird offiziell
als vorbildlich beschrieben. Die Polemik von Herrn Stoiber entspricht
dabei einer Flucht nach vorn. Denn die katastrofalen Vorgänge
im Freistaat wurden im Bericht einer EU-Expertenkommission offiziell
gerügt. Neben den geschilderten und weiteren Vorgängen
gehört dazu auch der brisante Vorwurf, in Bayern seien sogar
verdächtige Rinder nicht immer auf BSE getestet worden.
Auch
wenn sich Wähler und Verbraucher aktuell hell entrüsten,
bisher waren sie bereit jeden Billigpreis für Lebensmittel,
ohne Frage nach dessen Zustandekommen, zu akzeptieren. Aller vorangegangenen
Lebensmittelskandale zum Trotz.
Bei
im November 2000 erfassten britischen (177.434 BSE-Fälle), französischen
(180), portugiesischen (458), irischen (538) schweizerischen (360),
belgischen (18), niederländischen (7), zuletzt auch in zunehmenden
Ausmaß bei deutschen (fortlaufend steigende Fallzahlen),
luxemburgischen (1) und italienischen (2) Rindfleischerzeugnissen
sowie angesichts vermuteter neuer Übertragungswege, kann
der Verbraucher sich nicht mehr sicher sein, ob Nahrungsmittel
zwingend etwas mit dem Begriff "Lebensmittel" gemeinsam haben.
Aber
auch ausserhalb Europas droht nach Angaben der Welternährungsorganisation
FAO Gefahr. Denn unter anderem in den Nahen Osten, nach Osteuropa,
Nordafrika und einige asiatische Staaten, seien in den achtziger
Jahren Tiermehl oder Rinder aus Großbritannien und anderen europäischen
Staaten eingeführt worden. Angemahnt wurden von der FAO konkrete
Schritte zur Überwachung und Kontrolle von Rindern, Tiermehl und
der Fleischindustrie in den genannten Regionen.
Aktueller
Maßnahmenkatalog
Wegen
Verletzung der Gemeinschaftsregeln wurden von der deutschen Regierung
Importverbote gegenüber mehreren EU-Partnern geprüft. Es könne
nach Aussage der Ex-Bundesgesundheitsministerin nicht ausgeschlossen
werden, dass britisches Rindfleisch z. B. auf dem Umweg über die
Niederlande ungekennzeichnet auf den deutschen Markt gelange.
Bis zum Jahreswechsel wollte die Bundesregierung "Klarheit" über
die Umsetzung des geltenden EU-Rechtes bei der Kennzeichnung haben.
Die
Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände (AgV) forderte die
europaweite Einführung von BSE-Schnelltests. Diese sollten nach
Auskunft des Bundesgesundheitsministeriums ursrünglich erst
ab 2001 eingeführt werden. Das Bundeslandwirtschaftsministerium
hatte sich dagegen für die sofortige Testeinführung ausgesprochen.
Die Länder sollten damit nicht bis nächstes Jahr warten, schrieb
im Vorjahr ein Staatssekretär an die Länderregierungen.
Von
der EU verordnet wurden Schnelltest-Stichproben zum 01.01.2001.
Mit Beginn des Monats Juli 2001 müssen BSE-Tests EU-weit durchgeführt
werden. Bis zu diesem Termin genügt eine EU-weite Testung auffälliger
oder verendeter Tiere. Zusätzlich möchte die EU eine Lebensmittel-Behörde
einrichten. Wie aus einem Gesetzentwurf der EU-Kommission hervorgeht
soll die vorgesehene Behörde europaweit Gesundheitsrisiken bewerten
und frühzeitig vor Gefahren warnen. Frankreich hat, nach Eskalierung
der BSE-Fälle und ersten Creutzfeldt-Jakob-Opfern, nach Spanien
eine Fütterung mit Tiermehl, ebenso den Verkauf von T-Bone-Steaks
verboten und BSE-Schnellteste eingeführt. Diesem Verbot hat sich
Deutschland zwischenzeitlich angeschlossen.
Ein europaweites Verbot der Tiermehlverfütterung wurde in Deutschland
u.a. von der ehemaligen Bundesgesundheitsministerin Fischer, der
nordrhein-westfälischen Umweltministerin Höhn, unter dem Eindruck
in Deutschland nachgewiesener BSE-Fälle letztlich, wenn auch widerwillig,
vom ehemaligen Bundeslandwirtschaftsminister Funke gefordert und
schließlich auch im Rahmen einer schnellen Gesetzgebung
durchgesetzt. Von Seiten der EU wurde ein zunächst auf sechs
Monate befristetes Tiermehlverfütterungsverbot verhängt.
Trotz
der wiederholten Behauptung eine Tiermehlverfütterung sei
unter Einhaltung der vorgeschriebenen Herstellungsregularien ein
sicheres Verfahren, wurde z. B. von der französischen Regierung
eine Tiermehlkontamination bis zu 0,3 Prozent hingenommen. In
Deutschland sei nach Angaben des Bundesinstitutes für gesundheitlichen
Verbraucherschutz und Veterinärmedizin bis zum endgültigen
Tiermehlfütterungsverbot in Rinderfutter fortgesetzt ein
Tiermehlanteil von etwa einem Prozent nachweisbar gewesen. Dieser
Tatbestand wurde von den zuständigen Behörden toleriert.
Wesentliche Konsequenzen wurden aus dieser Erkenntnis, trotz einer,
für die Infektion eines Rindes schon ausreichenden Erregermaterialmenge
von 0,1 Gramm, nicht gezogen. So wusste das bayrische Landwirtschaftsministerium
seit längerem von Verunreinigungen des Milchviehfutters.
Die Hälfte der stichprobenartig untersuchten Futtermittel
wiesen Tiermehlrückstände auf. Lediglich gegen einen
der Futtermittelhersteller wurde ein Bußgeld verordnet.
Der bayrische Bauernverband wurde von der Regierungsseite erst
gar nicht informiert.
In der Folge eines möglichen Creutzfeldt-Jakob-Übertragungsrisikos
auf dem Blutwege dürfen sich Personen nach mehrmonatigem Großbritannienaufenthalt
in der Schweiz und den USA nicht mehr an einer Blutspende beteiligen.
Ähnlich verfahren Kanada, Australien und Neuseeland sowie einzelne
Blutspendedienste in Deutschland und Österreich.
Mit
Verfügung der neuen deutschen Verbraucherschutzministerin
Renate Künast wurde die Altersgrenze für BSE-Pflichttests bei
Schlachtrindern im Januar 2001 von 30 auf 24 Monate gesenkt.
Schnelltest gibt keine Sicherheit
"Erst
wenn ein Tier Krankheitssymptome aufweist, ist ein Test sicher",
sagte Irene Lukassowitz, Sprecherin des Bundesinstituts für gesundheitlichen
Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV). Die zur Verfügung
stehenden Prionenschnellteste können BSE-Erreger nicht im Fleisch,
sondern nur im Gehirn infizierter Rinder nachweisen. Ein Test
am lebenden Rind ist nicht durchführbar. Außerdem ist der
Zeitraum zwischen Infizierung und Erkennen der Infektion bislang
noch nicht bestimmbar. Das bedeutet: würde kurz nach der BSE-Infektion
das betroffene Tier geschlachtet und getestet, wäre nach bisheriger
Erkenntniss die Erkrankung nicht festzustellen.
Voraussetzung
für einen Prionennachweis ist, dass sich bereits eine ausreichende
Menge infektiöser Eiweiße im Gehirn abgelagert hat.
Dies ist erst in einem fortgeschrittenen Erkrankungsstadium, bei
Rindern frühestens nach 20 Monaten, in der Regel erst nach 30
Lebensmonaten der Fall. Zu berücksichtigen ist, dass die
Prionen in einem solchen Stadium auch in anderen Körperarealen
vorhanden sein müssen, u. a. auch im Blut. Denn die Übertragung
der Prione auf die Rinder erfolgt nahezu immer über die Nahrungsaufnahme.
Über den Verdauungstrakt müssen sie anschließend
in das Gehirn gelangen. Am wahrscheinlichsten gelingt dies über
den Blutweg. Was in der Konsequenz auch ein Vorhandensein des
Krankheitserregers in gut durchbluteten Organen -z. B. Muskelfleisch-
bedeutet.
Nach
Aussage von Dr. Bruno Oesch (Prionics AG) könnten mit dem Test
BSE-infizierte Schlachttiere sechs Monate vor dem ersten Auftreten
von Krankheitssymptome wie geringerer Milchproduktion, Empfindlichkeit
für Berührungen, Lärm und Licht oder Bewegungsstörungen, erkannt
werden.
Aktuelle und zukünftige Testverfahren
Seit
dem 6. Dezember 2000 müssen alle in Deutschland geschlachteten
Rinder, mit einem Alter über 30 Monate, auf BSE getestet
werden. Unlängst hat die deutsche Verbraucherschutzministerin
Renate Künast die Altersgrenze für BSE-Pflichttests bei Schlachtrindern
auf 24 Monate gesenkt. Von der Europäischen Union wurden drei
BSE-Testverfahren für die praktische Anwendung als geeignet befunden:
Prionics-Test:
von der Schweizer Firma Prionics entwickeltes und seit 1999 in
der Schweiz, Frankreich, Großbritannien und Dänemark eingesetztes
bekanntestes Testverfahren (Westernblot).
Enfer-Test:
schneller als der Prionics-Test. Von der britischen Firma Proteus
entwickeltes, von der irischen Firma Enfer Scentific hergestelltes
BSE-Testsystem. Einsatz in Irland (Enzym-Immunoassay = ELISA).
CEA-Test:
Testsystem mit der höchsten Empfindlichkeit. Entwickelt von der
französischen Atomenergiebehörde CEA (Sandwich-Immunoassay).
Angesichts
der sich zunehmende verdichtenden Hinweise, dass infektiöse Prionen
auch im Blut und anderen Körperflüssigkeiten nachweisbar sind,
arbeiten Wissenschaftler unter hohem Druck an Testverfahren, die
Prionen auch am lebenden Tier und damit auch am Menschen nachweisen
können:
Bluttest
(Boehringer-Ingelheim)- Nachweis von sog. Infektionsmarkern mittels
fluoreszierender Antikörper nachgewiesen (ELISA-Test). Testdauer
20 Minuten. Angestrebte Einsatzfähigkeit im Spätsommer 2001.
Bluttest
(Mary-Jo Schmerr/USA)- Nachweis von Prionen bei Schafen und Rocky
Mountain Wapitis, möglicherweise auch bei BSE und vCJD einsetzbar.
Liquortest
(Max-Planck-Institut/Universität Göttingen)- Prionennachweis in
Hirn- und Rückenmarksflüssigkeit von Creutzfeld-Jakob-Patienten
(mittels fluoreszierender Anikörpern markierte Prionen werden
durch Laserstrahlung identifiziert).
Plasminogen-Test
(Universität Zürich)- z.Z. noch Prionennachweis in Gehirnsubstanz,
geplant als Bluttest. (Prionenidentifizierung durch Nachweis eines
körpereigenen, für die Blutgerinnung notwendigen, sich an Prionen
bindenden Körpereiweiss = Plasminogen).
Warum BSE-Fälle
auf kleinen Bauernhöfen?
Der
Nachweis bisheriger deutscher BSE-Fälle erfolgte ausschließlich
in kleinen und mittelständischen Landwirtschaftsbetrieben.
Dies spricht nicht für die Güte industrieller Mastbetriebe.
Als mögliche Ursachen kommen zunächst zwei Tatbestände
in Frage: Kleinere Landwirtschaftsbetriebe beziehen ihre Futtermittel
meist von mittelständischen Kraftfutterproduzenten. Diese
produzieren wechselweise Kraftfutter und Tiermehle über eine
Produktionsanlage. Besondere Reinigungsmechanismen sind nicht
vorgesehen. Tiermehlrückstände können sich bröckchenweise
lösen und in einzelne Futtersäcke gelangen, was zu Erregerspitzendosierungen
in den Futterportionen führen kann. Großbetriebe lagern
dagegen ihre Futtermittel in eigenen Silos. In diesen wird das
Futter mehrfach durchgerüttelt, was wiederum eine gleichmäßige
und damit niedrige Dosierung möglicher erregerhaltiger Bestandteile
gewährleistet.
Zum
Zweiten werden in industrialisierten Mastbetrieben die Rinder
oft vor Erreichen eines Lebensalters von 30 Monaten und damit
außerhalb der Nachweisgrenze aktuell zur Verfügung
stehender BSE-Tests geschlachtet. In kleineren Betrieben finden
sich häufiger ältere Rinder.
Die
richtige Lebensmittelwahl
Fleisch- und Wurstprodukte
In Deutschland aus ökologischer Erzeugung stammende Fleischprodukte
galten bisher als unbedenklich. Zu empfehlen ist eine Wahl von
Produkten ohne Rindfleischgehalt, bzw. Rindfleisch aus einwandfrei
nachvollziehbarer ökologischer Herkunft, möglichst aus einem persönlich
bekannten Landwirtschaftsbetrieb. Ökohöfe und deren Produkte vertreibende
Handelsbetriebe bieten oftmals Besichtigungen des Zuchtbetriebes
an. Ansonsten gilt der Rat ebenfalls den Konsum von Schaf-, auch
Schweinefleisch, Wild und Zuchtfisch und deren Endprodukte, bei
Zweifeln an deren hochwertiger und einwandfreier Herkunft grundsätzlich
zu meiden.
Bisher
konnte eine Infektion von Geflügel und Fische mit BSE-Erregern
über die Nahrung nicht nachgewiesen werden. Allerdings könnten,
nach Aussage von Experten des Robert-Koch-Institutes, beim Übergang
der Erreger von einer Tierart auf die andere unbemerkte Infektionsverläufe
auftreten. Dass in einer Spezies bisher keine BSE-Erkrankung beobachtet
wurde, sei allein noch kein Grund zur Entwarnung.
Schweinefleisch gilt derzeit als unbedenklich, da bei Verfütterung
von infiziertem Tierfutter auch nach siebenjähriger Beobachtungszeit
keine Erkrankung aufgetreten ist. Verkauft wird in der Regel das
Fleisch etwa vier Monate alter Tiere. Werden Schweinen in experimentellen
Verfahren BSE-Erreger direkt in das Gehirn, oder in die Bauchhöhle
appliziert, erkranken auch sie.
Rindfleisch kann in nahezu allen Wurstprodukten, selbst in Geflügelpastete
enthalten sein. Es findet sich außerdem in vielen Fertiggerichten,
beispielsweise in Tortellini, Ravioli oder Maultaschen. Dagegen
soll sich kein Rindfleisch in Frankfurter Würstchen, Schinkenwürstchen,
Schinkenmettwurst und Schinken befinden. Sollten Nahrungsmittelprodukte
Rindfleisch enthalten, muss dies in der Zutatenliste gekennzeichnet
sein. Auch Zutaten wie Bluteiweiß und Darm (Synonyme: Haut/Hülle)
können vom Rind stammen. Dementsprechend sind Deklarationen wie
"ohne Rind" und "garantiert ohne Rindfleisch" wertlos, denn Bluteiweiße
müssen nicht als Fleisch ausgewiesen werden. Einzig eine Deklaration
der Abwesenheit von Rindfleischbestandteilen garantiert im rechtsverbindlichen
Sinne eine absolute Reinheit des Produktes in Bezug auf Rindfleischanteile.
Angesichts des Nachweises falsch deklarierter Fleisch- und Wurstprodukte
ist aber auch ein Blick auf die Zutatenliste nicht immer hilfreich.
Denn obwohl Gehirn und Rückenmark in der deutschen Fleischhygiene-Verordnung
vom Mai 1997 als untaugliche Inhaltsstoffe von Wurst deklariert
werden, können Sie immer wieder in Wurstwaren nachgewiesen
werden.
Milch und Milchprodukte
Quark,
Käse und Butter sind mit Ausnahme von Gelatine enthaltenden Produkten
wie Joghurt und Pudding nach heutigem Wissensstand unbedenklich
genießbar. Versuche zur Übertragung von BSE-Erregern durch Milch
verliefen negativ. Zur Sicherheit darf allerdings EU-weit Milch
von BSE-kranken Kühen weder für die menschliche noch für die tierische
Ernährung verwendet werden.
Gelatine
Für gelatinehaltige Produkte kann ein Infektionsrisiko nicht ausgeschlossen
werden. Gelatine aus Großbritannien darf nicht exportiert werden.
In Deutschland verarbeitete Gelatine stammt zum größten Teil (90%)
aus Schweineschwarten. Gelatine findet sich als Bindemittel unter
anderem in Süsswaren, Getränken, Gewürzen, Fleischextrakten, Gebäck,
Feinkostsalaten, Fisch- und Wurstwaren, evtl. auch Milchprodukten
(z. B. Joghurt und Pudding - Zutatenliste lesen).
In Deutschland erhältliche, aus Rinderextrakt gefertigte Brühwürfel
werden nach Herstellerangaben ausschließlich unter Verwendung,
als BSE-frei geltenden südamerikanischen Rindfleischs hergestellt.
Boullionprodukte und Fleischextrakte können problemlos gegen Gemüseboullion
und Hefeextrakt ausgetauscht werden. Gelatine kann durch Geliermittel
auf pflanzlicher Basis (in Naturkostgeschäften erhältlich), wie
z.B. Agar-Agar, Johannisbrotmehl, Apfelpektin, Xantan und Guakernmehl
ersetzt werden. Mittlerweile gibt es viele Joghurt-, ebenso wie
Weingummi- und Lakritzprodukte ohne Gelatine.
Fette
Nach Annahme des Bundesinstitutes
für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin
wurden BSE-Risikomaterialen wie Gehirn und Rückenmark trotz Verbotes
in der Speisefett-Produktion verwandt. Daher wurden die Bundesländer
Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Brandenburg, Baden-Württemberg
und Bayern aufgefordert, zu prüfen, ob bis Ende September 2000
in dortigen Fettschmelzen Gehirn und Rückenmark zur Fettherstellung
verwendet wurden.
Ekkehard
Weise, Lebensmittelhygieniker am Bundesinstitut erläuterte: "Wenn
alles legal zugegangen ist, hätte kein Rückenmark mehr in den
Fettschmelzen ankommen dürfen". Sollten Risikomaterialien verwendet
worden sein, kann ein Prionen-Infektionsrisiko bei Genuss von
Speisefetten nicht ausgeschlossen werden, da die Fettschmelzen
die Materialien nur auf 80 bis 100 Grad erhitzen und damit die
Prionen überleben. Möglicherweise belastete Fette seien in der
Lebensmittel-industrie unter anderem in Back-Glasuren, Weihnachtsstollen
und Margarine eingesetzt worden.
Fertiggerichte
Bei
Tiefkühl-, Mikrowellengerichten und Konservenkost müssen etwaige
Rindfleischbestandteile in der Zutatenliste deklariert werden.
Eine Herkunftsangabe dagegen muss nicht erfolgen. Vorkommen können
Rindfleischanteile u. a. in Suppen, Würstchen, Pasteten, Fertigsoßen,
Hackfleisch, Tortellini, Ravioli und Maultaschen. Es gelten die
unter dem Punkt "Fleisch- und Wurstprodukte" getroffenen Aussagen:
Auch Zutaten wie Bluteiweiß und Darm (Synonyme: Haut/Hülle) können
vom Rind stammen. Dementsprechend sind Deklarationen wie "ohne
Rind" oder "garantiert ohne Rindfleisch" sinn- und wertlos, denn
Bluteiweiße müssen nicht als Fleisch ausgewiesen werden. Einzig
eine Deklaration der Abwesenheit von Rindfleischbestandteilen
garantiert im rechtsverbindlichen Sinne eine absolute Reinheit
des Produktes in Bezug auf Rindfleischanteile. Angesichts des
Nachweises falsch deklarierter Fleisch- und Wurstprodukte ist
aber auch ein Blick auf die Zutatenliste nicht immer hilfreich.
Säuglingsnahrung
Bestimmte deutsche Hersteller von Säuglingsnahrung erklären schon
seit längerer Zeit nur deutsches Rindfleisch zu verwenden. In
diesem Zusammenhang wird häufig eine Verwendung von Rindfleisch
ausschließlich aus ökologischer Zucht ausgewiesen. Anzuraten ist
ein gründliches Studium der Zutatenliste unter den o.a. Kriterien.
Auf Produkte mit unzureichenden Angaben sollte grundsätzlich verzichtet
werden.
Nahrungsergänzungsmittel
Bei
insbesondere von Kraftsportlern gern genutzten eiweisshaltigen
"Aufbau"-Präparaten, ist, nicht zuletzt bei einer
oftmals nicht ausreichenden Inhaltsdeklaration, eine Verwendung
von möglicherweise kontaminierten Schlachtabfällen (inklusive
Rinderhirn) nicht ausgeschlossen.
Medikamente
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM)
und die Deutsche Pharmazeutische Gesellschaft halten eine Übertragbarkeit
der BSE-Erkrankung durch Medikamentenanwendung mit hoher Wahrscheinlichkeit
für ausgeschlossen. Die deutschen Arzneimittel seien aufgrund
bereits 1994 eingeleiteter Maßnahmen "grundsätzlich sicher", so
das BfArM. Auch die WHO stufe die Medikamenten-Gelatine als sicher
ein. "Sicher" soll bedeuten, dass ein Infektionsrisiko durch die
Anwendung von Arzneimitteln nicht größer sein darf, als ein natürliches
Risiko, an der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit zu erkranken. Zu pharmazeutischen
Produkten verarbeitete Gelatine stamme aus mark- und fettfreien
Knochen von Tieren, aus als BSE-frei geltenden Ländern, wie den
USA, Australien und Neuseeland. Während des Herstellungsprozesses
werde Gelatine zehn bis vierzehn Tage mit Natronlauge behandelt.
Eine BSE-Übertragung durch Blut- und/oder Plasmatransfusionen
sei nicht sicher nachgewiesen, sie ist allerdings auch nicht ausgeschlossen.
Hormone
wie Glukagon, selten noch Insulin, werden, unter engen Auflagen
der Arzneimittelgesetzgebung, aus Rindern oder Schweinen gewonnen.
Impfstoffe
werden zum Teil aus, auf Nährböden aus Kälberserum gezüchteten
Zellkulturen hergestellt.
Medikamente
wie Thrombin werden aus Rinderblut, Aprotinin aus Rinderlungen
gewonnen.
Kälberseren
müssen für eine deutsche Impfstoffzulassung aus den USA, Neuseeland
oder Australien importiert worden sein.
Ohnehin
medizinisch unnütze Frischzellenkuren enthalten Thymus- oder Milzgewebe
von Tierfeten.
Aus
Tierdärmen gewonnenes chirurgisches Nahtmaterial -"Catgut"- wird
in Deutschland vom Markt genommen, da die BfArM eine Verwendung
von BSE-Risikomaterial in Catgut nicht ausschließen kann. Gesichert
dagegen ist eine Übertragbarkeit von Prionen durch Transplantation
von menschlichen Hirnhäuten und durch Injektion von Hormonen der
Hirnanhangsdrüse, von an der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit verstorbenen
Patienten.
Tierversuche
deuten darauf hin, dass Bluttransfusionen, entgegen den ursprüngliche
Annahmen, nicht ungefährlich sind. So erkrankte ein Schaf durch
eine Blutübertragung von BSE-infizierten (nicht erkrankten) Schafen.
Bisher ist nicht geklärt, ob eine Separierung der weißen Blutkörperchen
vom Spenderblut, das Risiko einer Prionenübertragung ausräumt.
Eine
Verwendung von Materialien zur Herstellung von Arzneimitteln,
die mit hoher Wahrscheinlichkeit den BSE-Erreger übertragen können,
wird, ebenso wie ein Import von Arzneimitteln, bei deren Produktion
solche Materialien verwendet wurden, untersagt.
Kontrollen
der US-Behörde FDA zeigten,
dass Rinderprodukte aus BSE-Risikoländern in den USA für menschliche
Impfstoffe verwendet wurden. Trotz bestehender Verbote, so berichtet
CNN hätten fünf Pharmakonzerne,
darunter der deutsch-französische Aventis-Konzern, der britische
Hersteller GlaxoSmithKline und die US-Firma North American Vaccine,
entsprechende Materialien zur Medikamenten-herstellung, möglicherweise
auch für Impfseren gegen Diphterie und Grippe, verwandt. Rinderzellen
sind allerdings im Impfstoff nicht vorhanden.
Die
FDA schätzt das Risiko einer Erkrankung an der neuen Variante
der Creutzfeldt-Jakob-Krankeit bei einer pro 40 Millionen Impfstoff-Dosen.
"Von Impfstoffen geht nach heutigem Erkenntnisstand keine BSE-Gefahr
aus, das Risiko einer Übertragung von BSE durch Impfstoffe ist
höchst hypothetisch", so der Leiter des Paul-Ehrlich-Instituts
in Langen, Johannes Löwer.
Kosmetika
Für
Kosmetika, wie möglicherweise Kälberplacenta oder Rinderkollagen
enthaltende Anti-Falten-Cremes, gilt, auch wenn eine Infektion
über die Haut aktuell unwahrscheinlich erscheint, diese besser
nicht anzuwenden oder auf pflanzliche Alternativen umzusteigen.
Denn bei der Herstellung von Kosmetika können Rohstoffe aus Rinderbestandteilen
verwendet werden. So wird Rindertalg als Fettgrundlage von Cremes
verwendet. Ebenso findet sich Placentagewebe sowie aus Häuten,
Sehnen oder Knochen gewonnenes Kollagen oder Elastin als Cremebestandteil.
Die
Herstellung von Kosmetikprodukten ist innerhalb Europas geregelt
durch die EU-Kosmetik-Richtlinie. In ihr wird u. a. ein Verbot
der Verwendung von Risikomaterialien ausgesprochen und, ähnlich
der Tiermehlverordnung, bei der Verwendung von Talg und bestimmten
Fettsäuren ein bestimmter Verarbeitungsprozess (hohe Temperaturen,
hoher Druck), mit dem Ziel eventuell vorhandene Erreger abzutöten,
zugrundegelegt. Eine Verwendung von Produkten mit Rohstoffanteilen
aus Großbritannien und / oder der Schweiz ist in Deutschland seit
1996 verboten.
Nahrungszubereitung
Zubereitungsmethoden
wie Kochen, Braten, Grillen und Backen können die Krankheitserreger
nicht abtöten. Auch Tiefkühlen ist diesbezüglich wirkungslos.
Eine zuverlässige Erregerinaktivierung wird nur unter Anwendung
hoher Temperaturen (133 Grad über 20 Minuten) unter gleichzeitigem
hohen Druck (3 bar) angenommen.In Deutschland aus ökologischer
Erzeugung stammende Fleischprodukte gelten noch als unbedenklich.
Zu empfehlen ist eine Wahl von Produkten ohne Rindfleischgehalt,
bzw. Rindfleisch aus einwandfrei nachvollziehbarer ökologischer
Herkunft, möglichst aus einem persönlich bekannten Landwirtschaftsbetrieb.
Ökohöfe und deren Produkte vertreibende Handelsbetriebe bieten
oftmals Besichtigungen des Zuchtbetriebes an. Ansonsten gilt der
Rat auch den Konsum von Hühner-, Schaf- und Schweinefleisch, Wild
und Zuchtfisch und deren Endprodukte, bei Zweifeln an deren hochwertiger
und einwandfreier Herkunft grundsätzlich zu meiden.
Fazit
Unter
dem Eindruck der jüngsten BSE-Entwicklung hilft eine bewußte Lebensmittelauswahl
Leben zu erhalten. Hysterie ist nicht von Nöten. Denn angesichts
mindestens 750000 in die Nahrungskette gelangter BSE-Rinder gilt
- "wer´s hat der hat´s". Ob und wann eine Erkrankung
ausbricht ist nicht geklärt. Die nächsten 40 Jahre bleiben spannend.
Kuru,
übersetzt "der lachende Tod", ist eine der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit
ähnliche, ebenfalls zu einer schwammartigen Hirnzerstörung führende
Erkrankung eines Kannibalenvolkes in Neuguinea. Auch Kuru wird
übertragen durch Hirn- und Rückenmark der verspeisten Opfer. Erst
mit Einstellung der Menschenfresserei 1957 gelang es den lachenden
Tod zu vertreiben. Nun eine große Aufgabe für die EU-Politik.
Literatur
& Links:
Houston
F, Foster JD, Chong A, Hunter N, Bostock CJ, Transmission of BSE
by blood transfusion in sheep, Lancet 2000 Sep 16;356(9234):999-1000
cyberdoktor
BSE-Frageforum
Meyer,
Rüdiger Prionen-Forschung und -Diagnostik: Vom BSE-Schnelltest
bis zum Nachweis von Prionen im Blut Deutsches Ärzteblatt 97,
Heft 49 vom 08.12.00, Seite A-3314
Rinderseuche
BSE: Obligatorische Schnelltests Deutsches Ärzteblatt 97, Heft
45 vom 10.11.00, Seite A-2968
Rindfleisch-Etikettierung:
Bundesbehörde kontrolliert Deutsches Ärzteblatt 97, Heft 40 vom
06.10.00, Seite A-2572
BSE
Info des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft
Presseinformationen
des Bundesinstitutes für gesundheitlichen Verbraucherschutz
und Veterinärmedizin
taz
Nr. 6293 vom 10.11.2000, Seite 2
taz
Nr. 6293 vom 10.11.2000, Seite 9
taz
Nr. 6291 vom 8.11.2000, Seite 2
Ansteckung
durch Spenderblut? Der Spiegel Nr. 45, 06.11.2000, Seite 316 -
319
Seuche
aus dem Trog, Der Spiegel Nr. 47, 20.11.2000, Seite 288 - 302
Das
hätten wir nie gedacht, Der Spiegel Nr. 52, 25.12.2000, Seite
182 - 183
Einfuhrverbot
für britisches Rindfleisch aufgehoben Deutsches Ärzteblatt 97,
Heft 12 vom 24.03.00, Seite A-744
Richter,
Dr. med. Eva A.: BSE: Löchrige Strukturen - nicht nur im Gehirn
Deutsches Ärzteblatt 98, Heft 1-2 vom 08.01.01, Seite A-19
Die
Woche vom 17.11.2000, Seite 4
Sicherer
durch BSE-Schnelltest? Der Metzgermeister, Ausgabe Nr. 17/2000
http://www.aerzteblatt.de
pressetext.austria
http://europe.cnn.com
http://www.fda.gov
BSE/CJK/vCJK:
Zum Stand des Wissens aus epidemiologischer Sicht, Epidemiologisches
Bulletin des Robert-Koch-Institutes, Ausgabe 04/2001
[Artikel
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