Was
Sie wissen sollten
Acrylamid
in Lebensmitteln
Acrylamid
gilt als eine für den Menschen wahrscheinlich krebsauslösende
Substanz. Dabei kommt es in erheblich höheren Dosen als alle anderen
bisher in Lebensmitteln gefundenen krebserregenden Stoffe vor.
Dies gilt insbesondere für hocherhitzt zubereitete, kohlenhydratreiche
Lebensmittel wie Kartoffelprodukte (Chips, Pommes frites), geröstete
Cerealien, Brot (insbesondere Knäckebrot und Toast) und z.B. feine
Backwaren (Kekse).
Aber
auch über andere Wege kommt der Mensch mit Acrylamid in Kontakt,
so z.B. über
-
Verpackungsmaterialien aus Polyacrylamid,
-
Kosmetika, die bis zu 2 % Polyacrylamid enthalten können,
-
Papier- und Pappe, mit
Polyacrylamid-haltigem Bindemittel,
-
Polyacrylamid-haltige Farben,
-
mit Polyacrylamid aufbereitetes Trinkwasser.
Am
Arbeitsplatz können Acrylamidbelastungen in Bereichen der Kunststoffherstellung
und der Verwendung von Acrylamid-haltigen Dichtstoffen auftreten.
In
der mittleren Altersgruppe der deutschen Bevölkerung (um 55 Jahre)
tragen Kartoffelprodukte zu 50 %, Backwaren und Brot zu etwa 20%
zu einer Acrylamid-Exposition bei. Acrylamid ist gut wasserlöslich,
wird vom Körper gut aufgenommen und darin schnell und gleichmäßig
verteilt. Es wird davon ausgegangen, dass es auch in Muttermilch
und Embryo übertreten kann. Die Gremien der WHO und andere
internationale Gremien haben Acrylamid als erbgutschädigende und
wahrscheinlich für den Menschen karzinogene Substanz eingestuft,
für die das tatsächliche zusätzliche Krebsrisiko der Bevölkerung
durch die Aufnahme von Acrylamid über Lebensmittel aktuell nicht
abzuschätzen ist. "Es ist wichtig, die Verbraucher über den problematischen
Befund zu informieren, wenn es auch zurzeit keine andere Empfehlung
geben kann, als ihm die Entscheidung selbst zu überlassen. Die
Größe des Risikos kann derzeit niemand einschätzen", erklärt Professor
Werner Grunow, Mitglied des wissenschaftlichen Lebensmittel-Ausschusses
der EU.
Dass
Acrylamid auch in Nahrungsmitteln enthalten ist, wurde den Verbrauchern
erstmals im April des Jahres bekannt - Schwedische Wissenschaftler
veröffentlichten Forschungsergebnisse, nach denen Acrylamid in
stärkehaltigen Lebensmitteln entsteht, die frittiert, gebraten
oder gebacken wurden. Nach eigenen Aussagen hätten auch Bund und
Länder erst zu diesem Zeitpunkt von der Problematik erfahren,
allerdings wissen deutsche Wissenschaftler schon seit Jahren von
einer Acrylamid-Belastung hocherhitzter Lebensmittel. Schon vor
etwa zwei Jahren hatten schwedische Wissenschaftler in einer internationalen
Fachzeitschrift einen Artikel zum Thema "Acrylamid: ein Krebserreger,
der beim Kochen entsteht?" veröffentlicht. Das Gift wurde zwar
nicht in gekochten, dafür aber in sehr hoch erhitzten Lebensmitteln
nachgewiesen. Die Wissenschaftler gingen davon aus, dass das Erhitzen
von Lebensmitteln für die beim Menschen nachgewiesenen Acrylamidkonzentrationen
ursächlich sei und "dass diese Konzentrationen mit einem erheblichen
Krebsrisiko verbunden sind." "Das ist veröffentlicht worden in
angesehenen, vielgelesenen Zeitschriften, die den Behörden, Verwaltungen
aber auch den Instituten bekannt sind", so der Toxikologe Dr.
Hermann Kruse von der Universität Kiel: "Man hätte im Grunde genommen
schon viel früher hierüber Bescheid wissen können. Und es ist
unverantwortlich, dass man den Verbraucher diesen hohen Acrylamid-Belastungen
ausgesetzt hat, zumal es Technologien gibt, um die Acrylamid-Belastung
drastisch zu reduzieren."
In
diesem Zusammenhang klagt der Bundesverband der Lebensmittelkontrolleure
sei Jahren über nicht ausreichendes Personal und mangelnde Ausstattung.
Dr. Hedda von Wedel, ehemalige Präsidentin des Bundesrechnungshofes,
verwies im Vorjahr auf Schwachstellen beim Verbraucherschutz.
In einem Gutachten zur "Organisation des gesundheitlichen Verbraucherschutzes"
schreibt sie: "Die Kontrolldichte ist in allen Kernbereichen (Lebens-,
Futter- und Tierarzneimittel) so zu erhöhen, dass die Kontrollen
präventiv, also vorbeugend wirken." Im Vergleich zu anderen krebserregenden
Substanzen in Lebensmitteln, für die, wie im Fall der Schimmelpilzgifte,
bereits gesetzliche Regelungen getroffen wurden, besteht beim
Acrylamid in Lebensmitteln dringender Handlungsbedarf zur Minimierung.
Nach Auffassung des Bundesinstituts für gesundheitlichen Verbraucherschutz
und Veterinärmedizin (BgVV) ist es dringend erforderlich, die
gesundheitlich bedenkliche Acrylamid-Aufnahme über Lebensmittel
zu senken. Als erster Schritt wird gefordert umgehend einen "Aktionswert"
von 1000 Mikrogramm Acrylamid pro Kilogramm Lebensmittel (entsprechend
1 mg/kg) festzulegen. "Wir empfehlen durchaus, beim Konsum bestimmter
stärkehaltiger Produkte zurückhaltender zu sein und diese schon
gar nicht als Hauptnahrungsmittel zu verzehren", so BgVV-Sprecher
Jürgen Kundke. Das gelte vor allem für Pommes frites und Kartoffelchips.
Literatur:
http://www.bgvv.de
http://www.wdr.de
http://www.oekotest.de
[Artikel
- Übersicht ]
© cyberdoktor.de11/2002
|